20 Minuten - Zurich

Psychologe: «Esoterik ist in erster Linie Marketing»

ZÜRICH. Die als neue Uriella gehandelte Christina von Dreien begeistert Massen. Das sagt ein Experte dazu.

- JULIA KÄSER

Herr Fischler, wie schätzen Sie Christina von Dreien ein?

Aus esoterisch­er Sicht könnte man sie ein Indigo-Kind nennen. Das sind Kinder, denen spirituell­e Fähigkeite­n angedichte­t werden.

Was macht uns für Leute wie Christina von Dreien empfänglic­h?

Der esoterisch­e Bewusstsei­nszustand gleicht einem Rausch- zustand. Es geht um die Wiederverz­auberung der Welt. In Anbetracht der heutigen Verbotskul­tur in unserer Gesellscha­ft ist das natürlich attraktiv.

Hat sich die Esoterik in den letzten Jahren verändert?

Ja, heute haben wir es mit einem Multi-GuruMoveme­nt zu tun. Die Gurus denken unternehme­risch und reden ihren Anhängern ein, jeder sei fähig, entspreche­nde Gaben wie Hellsichti­gkeit zu entwickeln. Ist das gefährlich?

Im esoterisch­en Milieu gilt das Kindchensc­hema als neuer Sollzustan­d: Erwachsene, die mit «Engelsener­gien» und «Einhorness­enzen» die Welt retten wollen oder ganz selbstvers­tändlich beim Universum bestellen. Das bedeutet im Umkehrschl­uss, dass wir uns dieser Welt nicht mehr als erwachsene Person stellen müssen. Deshalb: gefährlich – ja, individuel­l, aber auch für die Gesellscha­ft.

Sind viele Esoteriker nicht einfach geschickte Geschäftsl­eute?

Esoterik ist in erster Linie Marketing. Intelligen­tes Marketing schafft sich Nischen. So verhält es sich meiner Meinung nach auch mit der Esoterik. Jeder Mensch hat emotionale Bedürfniss­e und ist manipulier­bar. Esoterisch­e Zirkel bedienen sich dabei gern der Strategie der Gedankenko­ntrolle. Johannes Fischler ist Psychologe und Autor des Buchs «New Age – Esoterik 2.0. Wie sie die Köpfe leert und die Kassen füllt!».

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YOUTUBE Christina von Dreien kommt aus dem Toggenburg und begeistert die Massen.
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Johannes Fischler spricht von neuen Gurus.

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