So gross ist die Gewalt in Schweizer Asylzentren Diese Streits eskalierten 2018
ZÜRICH. Mit einem Gertel hat eine Asylsuchende ihre Betreuerin fast getötet. Regelmässig kommt es zu Gewalt in Asylunterkünften.
Das Zürcher Obergericht beschäftigte sich gestern mit einem schockierenden Fall von Gewalt in einem Asylzentrum: Im November 2015 ging im Durchgangszentrum Embrach eine 34-jährige abgewiesene Asylsuchende aus der Elfenbeinküste mit einem 43 Zentimeter langen Gertel, einem machetenartigen Rebmesser, auf eine 26-jährige Asylbetreuerin los. Sie schlug mit grosser Wucht etwa 20-mal auf ihr Opfer ein. Dieses erlitt unter anderem einen Schädeldurchstich und verlor ein Auge. Am Tag der Tat hätte die Asylsuchende in eine andere Unterkunft zügeln sollen, das wollte sie aber nicht. Nun wurde sie wegen versuchten Mordes zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt.
Während Betreuer nur selten angegriffen werden, kommt es in Schweizer Asylunterkünften regelmässig zu Gewaltexzessen (siehe Box). Die Kantonspolizeien sind im Dauereinsatz: 289-mal musste sie laut Staatssekretariat für Migration im letzten Jahr in einem Bundeszentrum intervenieren. Gemäss Kriminalitätsstatistik ereigneten sich 2017 in hiesigen Asylunterkünften 218 Straftaten gegen Leib und Leben. Zugenommen haben in den letzten Jahren Sexualdelikte.
Alberto Achermann, Präsident der Nationalen Kommission gegen Folter, inspiziert regelmässig Asylzentren. Laut Achermann begünstigten Alkohol oder fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten Streitigkeiten (siehe Interview). «Es sind auch strukturelle Probleme, die zu den Gewalteskalationen führen. So haben die Bewohner meist kaum Privatsphäre und befinden sich in einer unsicheren Situation», sagt Laura Tommila, Leiterin der Zivilgesellschaft in AsylBundeszentren. Die grosse Mehrheit der Asylsuchenden sei aber friedlich. September: Im Durchgangszentrum Ober Halden in Hinteregg ZH sticht ein Türke einem Chinesen ins Bein.
April: In einer Asylunterkunft in Oberfrick AG tötet ein Eritreer einen Landsmann mit einem Messer. März: In Wegenstetten AG eskaliert ein Streit zwischen zwei Somaliern, wobei einer den anderen mit einem Messer verletzt. Der Grund für den Streit: Ein junger Mann hatte zu später Stunde noch gekocht. Februar: Ein Asylbewerber srilankischer Herkunft wird im Zentrum für Migranten in Ecublens VD von einem Landsmann zu Tode geprügelt.