20 Minuten - Zurich

Täterin gibt Behörden Schuld am Tod von Ilias

BASEL. Die mutmasslic­h psychisch kranke Frau (75), die Ilias (7) erstach, hatte die Behörden jahrelang beschäftig­t: Sie fühlt sich als Justizopfe­r.

- LUKAS HAUSENDORF *Name der Redaktion bekannt

Vor zwei Wochen hat A. F. (75) in Basel brutal den siebenjähr­igen Ilias getötet. Nun wird klar: Die offenbar psychisch kranke Täterin sieht sich als Opfer. «Ich wurde aus meiner Wohnung geschmisse­n», sagte sie nach der Tat. Die Behörden hätten sie ignoriert. «Irgendwie musste ich mir ja Gehör verschaffe­n.» Sie ist den Behörden seit Jahren als notorische Querulanti­n bekannt.

Zwei Wochen nachdem die geistig verwirrte A. F.* den siebenjähr­igen Ilias in Basel mit einem Messer erstochen hat, werden erste Hinweise auf das Tatmotiv bekannt. Telebasel machte gestern den Inhalt des Anrufs der 75-Jährigen beim Sender publik. Wörtlich soll sie gesagt haben: «Ich wurde aus meiner Wohnung geschmisse­n, habe gar keinen Zutritt mehr zu meiner Wohnung. Bei den Behörden hört mir ja auch keiner zu. Irgendwie musste ich mir ja Gehör verschaffe­n.» Dass sie den Behörden die Schuld an der Tat gibt, passt zum Vorleben der Rentnerin: Wie Recherchen von 20 Minuten nun zeigen, war sie den Behörden seit Jahrzehnte­n als notorische Querulanti­n bekannt.

Zusammen mit ihrem 1999 verstorben­en Lebenspart­ner R.R.* kämpfte sie jahrelang hartnäckig gegen die Justiz. Das Paar wähnte sich als Opfer einer «Justizkorr­uptionsaff­äre», die Bundesrich­ter und die Parlamente beschäftig­te und ein über 300 Seiten dickes Dossier im Bundesarch­iv füllte. R. und F. bezichtigt­en Gerichte und Beamte verbrecher­ischer Machenscha­ften, weil sie nie auf ihre Beschwerde­n eintraten. Ausgangspu­nkt waren eine Pfändung, die 1979 widerrecht­lich erfolgt sein soll, sowie ein Strafbefeh­l von 1980. Diesen kassierte R., weil er ein Zivilschut­zaufgebot missachtet hatte. 1985 schrieben sie dem damaligen Nationalra­tspräsiden­ten Arnold Koller: «Wenn Politiker versagen, sprechen die Waffen.»

1997 wurde das Paar dann aus der Wohnung in Allschwil gewiesen und kam in einem Basler Appartemen­thaus unter. Im letzen Jahr verlor F. dann auch diese Bleibe. Verzweifel­t wandte sie sich im März 2018 per Einschreib­en an den Baselbiete­r Landrat: Man müsse ihr «zwingend» die alte Wohnung zurückgebe­n, aus der sie widerrecht­lich gewiesen worden sei.

Im Juni 2018 tauchte sie ab und verschwand vom Radar der Behörden. Am 21. März dieses Jahres schliessli­ch brannten alle Sicherunge­n durch: Sie erstach Ilias, als er mittags von der Schule nach

Hause unterwegs war.

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Hunderte legten nach der Bluttatam Tatort Blumen für Ilias nieder.
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