Wie eng arbeitete die Türkei mit IS-Terroristen zusammen?
BAGDAD. Ein im Irak inhaftierter IS-Mann gibt an, die Organisation habe eng mit der Türkei kooperiert. Was ist dran?
Der Mann nennt sich Abu Mansour und hat Explosives zu erzählen: «Meine Aufgabe war es, als Vertreter des Islamischen Staates Beziehungen zum türkischen Geheimdienst zu unterhalten.»
Der gelernte Ingenieur, ein Marokkaner, schloss sich 2013 dem IS in Syrien an und wurde im Transitgeschäft für ausländische IS-Kämpfer eingesetzt, wie er im Gespräch mit Anne Speckhard angibt, der Leiterin des amerikanischen Anti-Extremismus-Zentrums ICSVE.
Belegt ist, dass Mansour einer von fünf IS-Grenzwächtern war, die Schleuser in der Türkei anleiteten, wenn diese IS-Kämpfer nach Syrien brachten.
Später sei er aufgestiegen und habe als Verbindungsmann zwischen dem IS-Geheimdienst Emni und dem türkischen Secret Service MIT agiert. Er habe «sehr viele Treffen» mit MIT-Leuten, aber auch mit Vertretern des türkischen Militärs gehabt. Dabei sei es jeweils um «gemeinsame Interessen» gegangen, so Mansour. Auch höchste Regierungsvertreter seien involviert gewesen: «Ein türkischer Geheimdienstler sagte mir, dass Präsident Erdogan mich in privatem Rahmen sehen wolle. Aber dazu kam es nie.»
Doch wie glaubwürdig sind diese Aussagen? «Es gibt gesicherte Beweise für die Behandlung von IS-Kämpfern in türkischen Spitälern und für diplomatische Kontakte zwischen dem IS und höchsten türkischen Regierungskreisen», sagt Thomas Schmidinger, Nahost-Experte aus Österreich. «Für weitere Kooperationen gibt es nur Aussagen von IS-Gefangenen.»
Auch der deutsche JihadExperte Guido Steinberg hält die Aussagen für grundsätzlich glaubhaft. Man könne aber nicht alles für bare Münze nehmen. Auch müsse man Mansours Motive hinterfragen: «Gut möglich, dass er sich durch das Interview Aufmerksamkeit und Schutz erhofft und darauf abzielt, sich für Nachrichtendienste interessant zu machen», sagt Steinberg. Der Fall des «IS-Kalifats» dürfte neue Erkenntnisse bringen.