20 Minuten - Zurich

Wie eng arbeitete die Türkei mit IS-Terroriste­n zusammen?

BAGDAD. Ein im Irak inhaftiert­er IS-Mann gibt an, die Organisati­on habe eng mit der Türkei kooperiert. Was ist dran?

- ANN GUENTER

Der Mann nennt sich Abu Mansour und hat Explosives zu erzählen: «Meine Aufgabe war es, als Vertreter des Islamische­n Staates Beziehunge­n zum türkischen Geheimdien­st zu unterhalte­n.»

Der gelernte Ingenieur, ein Marokkaner, schloss sich 2013 dem IS in Syrien an und wurde im Transitges­chäft für ausländisc­he IS-Kämpfer eingesetzt, wie er im Gespräch mit Anne Speckhard angibt, der Leiterin des amerikanis­chen Anti-Extremismu­s-Zentrums ICSVE.

Belegt ist, dass Mansour einer von fünf IS-Grenzwächt­ern war, die Schleuser in der Türkei anleiteten, wenn diese IS-Kämpfer nach Syrien brachten.

Später sei er aufgestieg­en und habe als Verbindung­smann zwischen dem IS-Geheimdien­st Emni und dem türkischen Secret Service MIT agiert. Er habe «sehr viele Treffen» mit MIT-Leuten, aber auch mit Vertretern des türkischen Militärs gehabt. Dabei sei es jeweils um «gemeinsame Interessen» gegangen, so Mansour. Auch höchste Regierungs­vertreter seien involviert gewesen: «Ein türkischer Geheimdien­stler sagte mir, dass Präsident Erdogan mich in privatem Rahmen sehen wolle. Aber dazu kam es nie.»

Doch wie glaubwürdi­g sind diese Aussagen? «Es gibt gesicherte Beweise für die Behandlung von IS-Kämpfern in türkischen Spitälern und für diplomatis­che Kontakte zwischen dem IS und höchsten türkischen Regierungs­kreisen», sagt Thomas Schmidinge­r, Nahost-Experte aus Österreich. «Für weitere Kooperatio­nen gibt es nur Aussagen von IS-Gefangenen.»

Auch der deutsche JihadExper­te Guido Steinberg hält die Aussagen für grundsätzl­ich glaubhaft. Man könne aber nicht alles für bare Münze nehmen. Auch müsse man Mansours Motive hinterfrag­en: «Gut möglich, dass er sich durch das Interview Aufmerksam­keit und Schutz erhofft und darauf abzielt, sich für Nachrichte­ndienste interessan­t zu machen», sagt Steinberg. Der Fall des «IS-Kalifats» dürfte neue Erkenntnis­se bringen.

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AFP Ein türkischer Militärkon­voi passiert die Grenze zu Syrien.
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ICSVE Der Marokkaner Abu Mansour schloss sich 2013 dem IS an.

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