Familie von Christin Asia lebt in Pakistan in Angst
ISLAMABAD. Asia Bibi (51) wurde in Pakistan zum Tod verurteilt, dann aber begnadigt. Doch ihre Familie lebt in grosser Angst und muss sich verstecken.
Die Christin Bibi wurde 2010 als erste Frau in der Geschichte des Landes zum Tod verurteilt – wegen angeblicher Gotteslästerung. Nach weltweiten Protesten wurde sie nach acht Jahren Haft 2018 rehabilitiert. Bald reist sie nun ins Exil nach Kanada aus. Nicht so ihre Familie: Trotz des Freispruchs lebt ihre Familie in einem Versteck in der pakistanischen Provinz. Der deutsche Investigativjournalist Shams Ul Haq hat sie aufgespürt.
«Die Fahrt ins Nirgendwo dauert etwa zwei Stunden. Zwei Kontaktpersonen fahren mit mir von Lahore aus durch kleine Dörfer in eine Siedlung, in der höchstens 100 Personen in kleinen, aus Erde gemauerten Häusern leben. Hier versteckt sich Asia Bibis Familie. Seit die Familie in Todesangst vor radikalen Muslimen aus dem Heimatdorf fliehen musste, lebt sie hier. Der Vater und der älteste, schwer kranke Bruder teilen sich ein kleines Zimmer. Auch zwei weitere Brüder sowie die fünf Schwestern von Asia müssen im Versteckten leben.
Mit ruhigen Worten berichtet der Vater über den Tag der Verhaftung. Nach einem Streit mit anderen Frauen sei der Imam des Dorfes mit Polizisten zur Familie gekommen und habe Asia mitgenommen: ‹Wir hatten keine Möglichkeit, unsere Version der Geschichte zu erzählen. Niemand interessierte sich dafür, sie haben meine Tochter einfach mitgenommen. Meine Söhne wollten sich gegen die Verhaftung wehren, haben herumgeschrien und wollten um ihre Schwester kämpfen. Ich habe sie gewarnt, sie seien zu schwach, um sich gegen die Polizei und die Politiker zu wehren. Ich habe meine Kinder genommen und bin hierher geflüchtet, ohne dass jemand etwas davon mitbekam. Seitdem leben wir hier. Versteckt und in ständiger Angst vor einer Verhaftung.› Seine Frau sei bald nach Bibis Verhaftung gestorben – vor Kummer. ‹Wir müssen weiter in Angst leben, nur Asia Bibi hat die Möglichkeit, von hier wegzugehen. Wir sind sehr unglücklich, aber was sollen wir machen? Wir wissen nicht weiter›, sagt der Bruder.»