«Antreten erlaubt, gewinnen verboten»
ANKARA. Die Opposition demonstriert geschlossen gegen die von Erdogans AKP erzwungene Neuwahl des Bürgermeisters von Istanbul.
Ekrem Imamoglu von der grössten Oppositionspartei CHP hatte die Kommunalwahl in Istanbul Ende März knapp vor Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim gewonnen. Trotz Einsprachen der AKP wurde er zum Bürgermeister erklärt. Nun wird am 23. Juni erneut gewählt – wegen einer erneuten Beschwerde der AKP.
Das löste wütende Proteste aus. Imamoglu sprach von «Verrat» am Volk. Meral Aksener, Chefin der nationalkonservativen Iyi-Partei, sagte: «Ich schäme mich.» Das Volk sei seines Willens beraubt worden. CHPVizechef Onursal Adigüzel twitterte: «Bei der Wahl gegen die AKP anzutreten, ist erlaubt, aber gewinnen ist verboten. Dieses System ist weder demokratisch noch legitim. Das ist schlicht und einfach eine Diktatur.»
Auch aus dem Ausland kommt scharfe Kritik. Der deutsche Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte, die Annullierung habe «mit Demokratie gar nichts zu tun», die EU forderte die Wahlkommission auf, sofort die Gründe für den Entscheid darzulegen. Freie Wahlen seien für jede Demokratie unverzichtbar, liess sie verlauten. Und der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz forderte angesichts der annullierten Istanbuler Bürgermeister-Wahl erneut das Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. «Wer demokratische Wahlen nicht akzeptiert, hat in der EU nichts verloren», sagte er.