Schweizer werden ihre Schulden nicht mehr los
ZÜRICH. Jung und verschuldet – viele junge Schweizer sehen darin kein grosses Problem. Diese gelassene Haltung rächt sich später.
Mahnung vom Onlineshop, Zahlungsaufforderung vom Telecom-Anbieter: Für viele junge Schweizer ist es normal, mal etwas nicht zahlen zu können. Das zeigt eine Studie der Inkasso-Firma Intrum. «Schulden sind mehrheitsfähig geworden», sagt Sprecherin Daniela Brunner. Die lockere Haltung spüre Intrum, wenn sie die Schuldner kontaktiere. «Viele sehen es gelassen.» Es scheine, dass sich einige Betroffene daran gewöhnt hätten, schon in jungen Jahren Schulden zu haben.
Schuldenberater Sébastien Mercier relativiert. Natürlich gebe es junge Klienten, die ihre Schulden auf die leichte Schulter nehmen. Das ändere sich aber meist: «Die meisten nehmen ihre Situation ernst.» Dass manche ihre Schulden zunächst gelassen sehen, erklärt Mercier mit den Angeboten zur Kreditkartenoder Ratenzahlung: «Diese sind so verpackt, dass der Kunde meint, er habe die Finanzierung im Griff.» Bei Intrum beobachtet man die Entwicklung mit Sorge. «Wer schon mit 18 mit Schulden startet, hat es schwer, danach ein geordnetes Leben zu führen», sagt Sprecherin Brunner. Das zeigt auch die Erhebung: Früher haben die Schweizer ihre Schulden mehrheitlich bis 30 abgebaut. Heute brauchen sie dafür zehn Jahre länger.
Schweizer werden zwischen 18 und 25 am häufigsten betrieben. Das «Will auch haben»-Gefühl nehme in der Gesellschaft zu, schreibt Intrum. Die Konsumlust zeigt sich in den Städten deutlicher als auf dem Land. Bei jungen Stadtbewohnern ist das Risiko, sich zu verschulden, überdurchschnittlich hoch. Aber auch die fixen Kosten belasten die Finanzen – etwa Krankenkassenprämien oder Mietkosten. «Die Lebenskosten sind in den letzten Jahren enorm gestiegen», erklärt Mercier.
*Name geändert