Vier Tage und Nächte in den Fjorden Patagoniens
PUNTA ARENAS. Die Fähre von Puerto Natales nach Puerto Montt ist der Inbegriff von Slow Travel.
Kantine Der Kapitän startet den Motor. Wir erwachen in unseren Kojen, sehen das nächtliche Puerto Natales hinter dem Bullauge. Ein flüchtiger Gedanke: Nun geht es los. Und schon wieder eingeschlummert. In der Zwischenzeit, quasi im Untergrund, wird das Schiff beladen: mit Autos und Campern, mit Waren aller Art und, wie wir später hören werden, mit lebendigem Vieh.
Seit den 70er-Jahren verkehrt das Schiff, auf dem wir uns befinden, zwischen Puerto Montt im nördlichen Patagonien von Chile und Puerto Natales im Süden. Die Fahrt durch die
dreimal
simples Fjorde ist 2000 Kilometer lang und dauert vier Tage. Die Zielgruppen: Reisende, die mal was anderes erleben wollen, sogenannte Slow Traveller – und Chilenen, die in abgelegenen Gebieten leben oder ihr Auto transportieren lassen wollen. Anwesend sind vielleicht 150 Passagiere; das Touristen-Chilenen-Verhältnis liegt bei ungefähr 50:50.
Immer wieder sieht man sich mit der Frage konfrontiert: Was stelle ich mit mir an, so ganz ohne Internet, ohne Alkohol, ohne Aufgabe? Mal eine Runde auf Deck spazieren gehen.
Das Wetter ist trüb, der Nebel hängt über den Klippen, Wasserfälle und Gletscher alle paar Kilometer. Die Ruhe schleicht sich sogleich in das Gemüt ein, und der niemals stillstehende Motor stellt den perfekten Soundtrack dar. Zwischen Essen, Lesen und Aus-dem-Fenster-Starren, zwischen Regenbogenzählen und Staunen, zwischen Nickerchen in der Koje und Beinevertreten auf Deck schleicht sich alle paar Stunden wieder die Aufregung ein: Wenn jemand meint, einen Meeressäuger erspäht zu haben, oder dies tatsächlich der Fall ist.
Ansonsten kann man sich in den Fjorden dem einen Gefühl hingeben, das hier so allgegenwärtig, aber heutzutage nicht mehr allerorts zu finden ist – schon gar nicht vier Tage lang: nämlich jenem, ganz allein auf der Welt zu sein.