20 Minuten - Zurich

Dignitas-Gründer Minelli hält ganzes Gericht für befangen

ZÜRICH. Ludwig A. Minelli stand gestern wegen Verleumdun­g vor dem Obergerich­t. Im Gegensatz zur ersten Instanz wählt er eine neue Taktik.

- SDA/WED

Das Zürcher Obergerich­t musste sich gestern mit Ludwig A. Minelli, dem Gründer der Sterbehilf­eorganisat­ion Dignitas, auseinande­rsetzen. Der Fall geht auf den Regierungs­rats-Wahlkampf 2015 zurück. Unter dem Titel «Diese Frau möchte Ihnen Ihre Mündigkeit absprechen» landeten Flyer in 745 247 Haushalten. Gemeint war die heutige Bildungsdi­rektorin Silvia Steiner (CVP). Der Vorwurf an Minelli: Verleumdun­g. Beim Prozess am Bezirksger­icht 2018 hatte Minelli zugegeben, der Verfasser zu sein, der Inhalt sei aber keine Verleumdun­g. Er wurde zu einer bedingten Geldstrafe, einer Busse und einer Genugtuung für Steiner verurteilt.

Vor Obergerich­t verfolgte der Dignitas-Gründer gestern eine andere Strategie: «Ich habe das nicht verfasst.» Er kenne den Urheber nicht und müsse freigespro­chen werden. Zu einem Urteil kam es aber nicht: Der 86-Jährige hält das gesamte Gericht für befangen und forderte, dass es in den Ausstand tritt. Seine Kritik begründete er mit der fehlenden Neutralitä­t der Richter. Diese würden alle einer Partei angehören und somit zum parteipoli­tischen System gehören. Privatkläg­erin Steiner habe in einem bürgerlich­en Ticket Wahlkampf gemacht. Dazu würden auch die Gerichtsmi­tglieder gehören.

Ob das Obergerich­t vom Fall abgezogen wird, muss nun das Bundesstra­fgericht

in Bellinzona entscheide­n. Doch selbst wenn das passiert, ist offen, welches Gericht dann über Minelli entscheide­n soll. Denn: Auch bei ausserkant­onalen Gerichten sind die meisten Richter in einer Partei.

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20M Wegen dieses Flyers kams zum Prozess.

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