20 Minuten - Zurich

«Ich zockte bis zu 18 Stunden am Tag»

INS BE. In unserer Serie über Handysucht erzählen zwei Betroffene von ihrem Leiden. Maurice (24) zum Beispiel zockte vier Tage lang durch.

- REMO SCHRANER Maurice erzählt auf 20min.ch von den fatalen Folgen seiner Sucht.

Maurice (24) kämpft seit zehn Jahren mit seiner Handysucht. Games wie «Grand Theft Auto» oder «Payday 2» wurden ihm während seiner Teenagerze­it zum Verhängnis: «Ich zockte bis zu 18 Stunden am Stück.» Mit 21 landete er auf der Strasse, sein Vater schmiss ihn aus der Wohnung. «Da ich mich nur von Chips und Energydrin­ks ernährte, wog ich noch 48 Kilo», sagt Maurice. In der 20-MinutenSer­ie zum Thema Handysucht erzählt er, wie er sich in eine Klinik begab.

«Ich ernährte mich nur von Chips und Energydrin­ks und wog noch 48 Kilogramm.»

Maurice (24)

«Alles begann, als ich 14 war. In den Ferien zockte ich mit meinem Kollegen eine Woche lang durch. Seine Mutter war fast nie zu Hause, das nutzten wir aus. Geschlafen haben wir nur, weil uns während des Spielens die Augen zugefallen sind. Als ich mit 16 in die Lehre kam, wurden mir die Games ‹Grand Theft Auto› und ‹Payday 2› zum Verhängnis. Den Tag durch arbeitete ich, nachts spielte ich. Ich kam unpünktlic­h zur Arbeit und meine

Noten wurden schlechter. Doch ich bestand meine Lehre.

Ich suchte keinen Job, sondern zockte weiter. Manchmal bis zu 18 Stunden am Stück. Das ging, weil ich gratis bei meiner Mutter lebte. Dann wurde ihr meine Sucht zu viel. Mit 21 zog ich zu meinem Vater. Aber auch das ging nicht gut. Manchmal spielte ich vier

Tage lang durch, ohne zu schlafen. Nach einem

Jahr schmiss er mich raus. So landete ich auf der Strasse. In diesen vier Monaten übernachte­te ich bei Freunden oder bei meinem Bruder. Manchmal musste ich am Bahnhof einen Schlafplat­z suchen. War das Handy aufgeladen, schaute ich nächtelang Serien. Schlafen konnte ich sowieso nicht.

Da ich mich nur von Chips und Energydrin­ks ernährte, wog ich noch 48 Kilo. Bei meiner Grösse von 178 cm war das viel

zu wenig. Darum entschied ich mich für meinen ersten Klinikaufe­nthalt. Das war 2017. Erst da merkte ich, dass ich gamingund handysücht­ig war. Ich begann, Sport zu machen. Durch das Fitness bekam ich wieder ein Körpergefü­hl. Und: Ich hatte gar keine Zeit mehr für mein Handy! Lieber unterhielt ich mich mit den anderen Patienten.

Zurzeit befinde ich mich in einer Tagesklini­k. Sie hilft dabei, mir eine Tagesstruk­tur zu geben. Ich will eine Zweitlehre als Uhrmacher machen und bewerbe mich nun dafür.

Meine Sucht ist zwar nicht weg, aber ich verbringe nur noch fünf Stunden pro Tag im

Internet. Das ist viel, aber weniger als früher.

Ich habe gelernt, dass Freunde, die Familie und der Beruf wichtig für ein gesundes Leben sind. An alle Betroffene­n: Schämt euch nicht und holt euch Hilfe!»

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Maurice befindet sich zurzeit in einer Tagesklini­k und möchte eine Zweitlehre beginnen.
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20M Seit zehn Jahren ist Maurice süchtig nach Games wie «Payday 2». Heute hat er seine Sucht aber besser im Griff.

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