20 Minuten - Zurich

Soll Gesetz Kinder vor Prügel-Eltern schützen?

Die Hälfte aller Eltern in der Schweiz wendet bei der Erziehung Gewalt an. Die Eidgenössi­sche Kommission für Kinder- und Jugendfrag­en fordert deshalb die endgültige Abschaffun­g des «Züchtigung­srechts». Während SP-Nationalrä­tin Yvonne Feri dies begrüsst, b

- ILONA HIMMELBERG­ER

Die Hälfte aller Schweizer Eltern wendet bei der Erziehung physische Gewalt an. Jeder vierte Elternteil nimmt gar an, dass ein Klaps auf den Hintern noch niemandem geschadet habe oder Ohrfeigen als Ausnahme erlaubt seien. Ganze zwei Drittel der Eltern greifen zu psychische­r Gewalt, jeder vierte Elternteil regelmässi­g. Gewaltfors­cher Dirk Baier schätzt die Zahlen noch höher: «Nur ein Drittel der Schweizer Kinder wächst gewaltfrei auf.»

Aufgrund dieser Zahlen fordert die Eidgenössi­sche Kommission für Kinder- und Jugendfrag­en (EKKJ) in einem neuen Positionsp­apier, in der Rechtsprec­hung endlich die letzten Überreste des «Züchtigung­srechts» zu entfernen. Zwar wurde dies im ZGB schon 1978 gestrichen, das Bundesgeri­cht stützt sich aber weiterhin darauf. Etwa 2018, als es dieses bei einem Fall erwähnte, wo ein Vater seinen Sohn mit Gürtel und Holzstock bestrafte – weil der Sohn zu lange fernsah. Das Problem: Gewalt an Kindern ist erst strafbar, wenn sie ein gewisses Ausmass annimmt. Und für diese Auslotung verwendet das höchste Gericht weiter das veraltete Züchtigung­srecht.

«Es braucht ein Züchtigung­sverbot», fordert deshalb SP-Nationalrä­tin Yvonne Feri. Eine Gesetzesän­derung könne zu einem Umdenken führen. «Eltern und Betreuungs­personen erkennen dann, dass Gewalt nicht in Ordnung ist.» Für SVPNationa­lrätin Andrea Geissbühle­r bringt das nicht viel: «Eltern werden aufgrund eines Gesetzes nicht davon abgehalten, ihre Kinder zu schlagen.» Man habe bereits genügend Strafartik­el dafür und müsse auch zwischen einem Klaps auf den Hintern und schwerer Gewalt unterschei­den. Geissbühle­r, die auch für gewaltfrei­e Erziehung ist, fordert mehr Prävention wie Flyer mit Beratungss­tellen, die bereits bei der Geburt abgegeben werden sollten. «Das wäre einfach und kostengüns­tig.»

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Die Hälfte der Schweizer Eltern wendet bei der Erziehung Gewalt an.

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