20 Minuten - Zurich

Ryan: «Wegen der Scheidung musste ich mit 7 in Therapie»

ZÜRICH. Ryan (25) war fünf, als sich seine Eltern scheiden liessen, und 21, als sich sein Vater und seine Stiefmutte­r trennten.

- REMO SCHRANER

Jedes Jahr gibt es rund 12 000 «neue» Scheidungs­kinder in der Schweiz. 20 Minuten hat mit dreien gesprochen (siehe Box). Eines von ihnen ist Ryan. Er erlebte, wie beide Ehen seines Vaters in die Brüche gingen.

«Meine Grossmutte­r sagte mir, dass sich meine Eltern trennen. Da war ich fünf. Was das bedeutet, merkte ich erst, als sie sich um das Sorgerecht stritten: Einmal warf meine Mutter eine Pfanne nach meinem Vater und traf ihn am Kopf. Die Platzwunde musste genäht werden. Ich glaube, dass ich dann wütend auf meine Mutter war. Aber das meiste aus dieser Zeit habe ich aus meinem Gedächtnis gelöscht. Mein Vater bekam das Sorgerecht. Für mich war es nicht schlimm, dass ich nicht mehr bei meiner Mutter lebte, denn sie wohnte ganz in der Nähe.

Die früheren Streiterei­en meiner Eltern belasteten mich aber weiter. Ich wurde depressiv. Das zeigte sich vor allem daran, dass ich mich auf nichts mehr konzentrie­ren konnte. Als ich sieben war, schickte mich mein Vater in Therapie. Das fand ich toll, denn der Therapeut verstand mich.

Erzogen hat mich nicht mein Vater, sondern seine neue Frau. Für mich ist sie nicht nur meine Stiefmutte­r, sondern eine zweite Mutter. Umso erschütter­ter war ich, als ich vor vier Jahren herausfand, dass mein Vater sie betrog. Ich verstand die Welt nicht mehr. Mein Vater zog aus und liess mich mit meiner Stiefmutte­r im Haus zurück. Zur selben Zeit wurde bei ihr Krebs diagnostiz­iert. Es lag also an mir, auf sie aufzupasse­n.

Ich war so wütend auf meinen Vater. Ihm war es immer wichtig, dass ich sparsam lebe. Also verprasste ich 6000 Franken für meine DJKarriere, die dann floppte. Das war dumm. Aber bis heute kann ich ihm sein Verhalten nicht verzeihen. Wir wohnen im Moment zusammen, aber sobald es finanziell geht, bin ich weg. Meine Mutter sehe ich kaum noch. Mit meiner Stiefmutte­r treffe ich mich ab und zu. Den Krebs hat sie inzwischen besiegt. Die beiden Trennungen zu erleben, war scheisse. Aber ich glaube noch immer an die Liebe. Ich durfte selbst schon eine wunderbare Beziehung führen. Irgendwann will ich auch heiraten.

*Name der Redaktion bekannt

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Video: Auf 20min.ch erzählt Ryan seine ganze Geschichte.
Scheidungs­kind Ryan (25). Video: Auf 20min.ch erzählt Ryan seine ganze Geschichte.

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