20 Minuten - Zurich

Hohe Corona-Fallzahlen: Ist die zweite Welle jetzt da?

ZÜRICH. Die Corona-Fallzahlen in der Schweiz explodiere­n, in den Spitälern ist es aber nach wie vor vergleichs­weise ruhig. Die wichtigste­n Antworten.

- DAW DANIEL GRAF, DANIEL WALDMEIER

Ist die zweite Welle jetzt da?

Laut der Epidemiolo­gin Olivia Keiser von der Uni Genf gibt es keine allgemeing­ültige Definition einer Welle. In manchen Regionen Europas gebe es diese Wellenbewe­gung. «In der Schweiz kann man regional von einer zweiten Welle sprechen.»

Trotzdem ist die Zahl der Hospitalis­ierungen und Todesfälle derzeit eher tief. Weshalb?

«Zurzeit infizieren sich noch vermehrt junge Menschen. Sie müssen weniger oft hospitalis­iert werden und sterben seltener am Virus», sagt die Basler Epidemiolo­gin Emma Hodcroft. Hospitalis­ierungen und Todesfälle seien jedoch nicht die einzigen negativen Folgen: «Auch Jüngere können wochenlang krank sein, und über die langfristi­gen Auswirkung­en von Covid-19 wissen wir noch wenig.»

Wie unterschei­det sich die jetzige Situation von der ersten Welle im Frühling?

Im Frühling zeigten verhältnis­mässig mehr positiv Getestete schwere Verläufe. Laut Keiser ist die Testsituat­ion heute eine andere als im Frühling, als sich junge Menschen mit Symptomen in Selbstisol­ation begeben mussten, ohne einen Test zu machen. Diese tauchten in der Statistik gar nicht auf.

Steigt die Anzahl positiv Getesteter, weil mehr getestet wird?

Hier ist die Positivitä­tsrate zu beachten, die ebenfalls steigt: Zwischen Mitte August und Anfang September fielen jeweils zwischen 2,9 und 4,2 Prozent der Tests positiv aus. Seit Anfang Oktober steigt die Positivitä­tsrate. Gestern lag sie bei 7,1 Prozent. Der Höchstwert Ende

«Durchseuch­ung oder Lockdown – beides ist inakzeptab­el»

März betrug 19,4 Prozent.

Ist das Virus weniger tödlich geworden?

Nein. Hodcroft sagt: «Es gibt keine Anzeichen, dass das Virus, das jetzt umgeht, sich vom

Herr Eggimann, gestern meldete das BAG erstmals wieder über 1000 Corona-Fälle innert 24 Stunden. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Der Anstieg bereitet mir Sorgen. Die Fallzahlen steigen in fast allen Regionen der Schweiz. Verglichen mit Spanien oder Frankreich, sind wir immer noch in einer vorteilhaf­ten Position. In Paris etwa sind schon 40 Prozent der Intensivbe­tten mit Corona-Patienten belegt. Das gilt es zu verhindern.

Mit 1000 Fällen pro Tag kommt das Contact-Tracing an die Grenzen. Muss sich die Schweiz von der sogenannte­n Containmen­t-Strategie verabschie­den, also nur noch die Risikogrup­pen schützen?

Nein, im Gegenteil. Das Contact-Tracing ist effizient. Wenn

Virus im Frühling unterschei­det. Es ist weder schwächer noch weniger gefährlich.»

Werden die Hospitalis­ierungsund Todeszahle­n hierzuland­e ebenfalls ansteigen?

die Epidemie ausser Kontrolle gerät, gibt es nur noch zwei Möglichkei­ten: einen neuen Lockdown oder eine massive Durchseuch­ung. Beides ist inakzeptab­el.

Davon ist laut Hodcroft – auch mit Blick auf andere europäisch­e Länder – auszugehen, sofern die Fallzahlen nicht wieder sinken.

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Zurzeit infizieren sich vermehrt junge Menschen, deshalb ist die Zahl
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der Hospitalis­ierungen eher tief.
 ??  ?? Infektiolo­ge Dr. Philippe Eggimann.
Infektiolo­ge Dr. Philippe Eggimann.

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