20 Minuten - Zurich

Corona-Regelchaos: Kantone unter Beschuss

BERN. In der Schweiz gibt es bald so viele Corona-Gesetze wie Kantone. Auch das Contact-Tracing kommt ans Limit. Versagen die Kantone in der Covid-19-Krise?

- BETTINA ZANNI

Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Epidemie sind Sache der Kantone. In einigen sind Clubs zu, andere kennen nicht einmal eine erweiterte Maskenpfli­cht. Dieser Kantönlige­ist kommt nun zunehmend in die Kritik. «Das Mischmasch von Massnahmen beeinträch­tigt die Wirksamkei­t im Kampf gegen das Coronaviru­s», sagt Epidemiolo­ge Marcel Tanner.

In der Schweiz haben anders als im Frühling die Kantone den Lead, um die Corona-Epidemie zu bekämpfen. Seit dann sind einige mit Massnahmen aktiv geworden, andere warten ab. So hat etwa nur ein Teil der

Kantone die Maskenpfli­cht beim Einkaufen beschlosse­n. Nach dem Anstieg der CoronaFall­zahlen gelang es zudem nicht mehr allen Kantonen, die Kontaktper­sonen der Infizierte­n ausfindig zu machen.

Nun geraten die Kantone für ihr Krisenmana­gement unter Beschuss. So sagt etwa der Epidemiolo­ge Matthias Egger, früherer Leiter der Covid-Taskforce des Bundes: «Schon im Sommer zeigte sich, dass die

Strategie, die Fallzahlen mit dem Contact-Tracing zu stabilisie­ren, nicht vollständi­g funktionie­rte.» Passiere nicht bald etwas, habe die Schweiz im November vielleicht bereits 3000 Fälle pro Tag. In der Folge nähmen auch die Spitaleint­ritte und Todesfälle rapide zu. In der Krise zeigten sich die Schwächen des Föderalism­us: «Das Mischmasch von Massnahmen beeinträch­tigt die Wirksamkei­t im Kampf gegen das Coronaviru­s.» Das Virus halte sich weder an Kantonsnoc­h an Landesgren­zen. «Die Kantone sollten sich so früh wie möglich auf neue Massnahmen einigen, um einen zweiten Lockdown zu verhindern», sagt er. Er verlangt etwa, sämtliche Clubs für einige Zeit zu schliessen. GrünenPräs­ident Balthasar Glättli sagt: «Es beelendet mich, dass sich der Föderalism­us als nicht krisentaug­lich erweist.» Sei in einem Kanton ein Skeptiker am Ruder, mache er weniger.

Manuel Battegay, Chefarzt am Unispital Basel und Mitglied der Covid-Taskforce, verteidigt dagegen die aktuelle Strategie. Der Föderalism­us erlaube es, «sehr nahe am Bürger zu sein». Auf diese Weise würden auch unangenehm­e Massnahmen besser akzeptiert. Auch Lukas Engelberge­r, Präsident

der Konferenz der kantonalen Gesundheit­sdirektore­n (GDK), hält fest: «Nach unseren Informatio­nen funktionie­rt das Contact-Tracing übers Ganze gesehen immer noch.»

 ?? KEYSTONE ?? Gerade bei den Clubs haben die Kantone verschiede­ne Regelungen erlassen.
KEYSTONE Gerade bei den Clubs haben die Kantone verschiede­ne Regelungen erlassen.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland