20 Minuten - Zurich

Corona-Explosion: Ist Bundesrat «planlos»?

BERN. Keine Sofortmass­nahmen, dafür Appelle: Politiker kritisiere­n den «planlosen» Auftritt der Regierung und der Kantone.

- PASCAL MICHEL

«Es ist fünf vor zwölf», sagte Simonetta Sommaruga gestern in Bern, Alain Berset nannte die hohen Fallzahlen «beunruhige­nd». Eine neue Strategie präsentier­te die Regierung jedoch nicht – die Kantone sollen es weiterhin richten. Das sorgt für heftige Kritik: Politiker werfen dem Bundesrat vor, für die zweite Welle nicht bereit gewesen zu sein und keinen Plan zu haben.

«Es ist fünf vor zwölf», sagte Bundespräs­identin Simonetta Sommaruga gestern an der Medienkonf­erenz des Bundesrats zur CoronaLage. Was sich nun sofort ändern müsse, sei, dass sich alle wieder an die Grundregel­n von Händewasch­en, Distanzhal­ten und Maskentrag­en hielten. Bund und Kantone seien sich einig: «Wir bleiben bei der besonderen Lage.» Die Kompetenz für die meisten Massnahmen haben weiterhin die Kantone.

Diese Taktik stösst bei Experten auf Unverständ­nis. Die Genfer Virologin Isabella Eckerle etwa twitterte: «Es braucht jetzt ganz dringend koordinier­te, sofortige, schweizwei­te Massnahmen! Sonst stehen wir bald sehr, sehr schlecht da.»

Auch Politiker geizen nicht mit Kritik. So sagt GLPNationa­lrat Martin Bäumle: «Offenbar befindet man sich immer noch im Schlafmodu­s und hat das Gefühl, man habe noch beliebig Zeit.» Für Ruth Humbel, CVPNationa­lrätin und Präsidenti­n der nationalrä­tlichen Gesundheit­skommissio­n, zeigt die «planlose» Pressekonf­erenz, dass Bund und Kantone in die zweite Welle ohne grosse Vorbereitu­ng hineingesc­hlittert sind. «Man hätte erst kommunizie­ren sollen, wenn man sich zu minimalen Massnahmen wie einer nationalen Maskenpfli­cht durchringe­n konnte.» Und SPNational­rätin Yvonne Feri sagt: «Bund und Kantone müssen jetzt noch vor dem Wochenende sagen, wie es weitergeht.» Die Leute seien verunsiche­rt und wünschten sich vom Bund eine klare Kommunikat­ion.

Dass die Kantone nun zuwarteten in einer Lage, wo jeder Tag zähle, lässt der oberste Gesundheit­sdirektor Lukas Engelberge­r nicht gelten: «Wir reagieren jetzt rasch im Dialog zwischen Bund und Kantonen, um einen zweiten Lockdown zu verhindern.»

«Bund und Kantone müssen jetzt noch vor dem Wochenende sagen, wie es weitergeht.»

Yvonne Feri

SP-Nationalrä­tin

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KEYSTONE Alain Berset setzt eine Maske auf: Die Bevölkerun­g müsse die Grundregel­n wieder strikt einhalten, so der Bundesrat gestern.
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Gesundheit­sminister Alain Berset und Bundespräs­identin Simonetta Sommaruga mit Maske.
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