1-Personen-Regel: Auch in der Schweiz möglich?
BERN. In Österreich darf nur eine Person Mitglieder eines anderen Haushalts treffen. Das Modell könnte auch hier als letztes Mittel gewählt werden.
Österreich will das Coronavirus in den Griff bekommen. «Treffen Sie niemanden», bat Bundeskanzler Sebastian Kurz (FPÖ) eindringlich. Jeder soziale Kontakt sei einer zu viel. So gilt seit heute eine 1PersonenRegel. Möglichst präzise Regeln seien unabdingbar, um die Fallzahlen nachhaltig zu reduzieren, sagte Herwig Kollaritsch, Infektiologe und Mitglied des Beraterstabs der CoronavirusTaskforce des österreichischen Bundesministeriums, zu 20 Minuten.
Noch mehr Infektionen kann sich Österreich laut Kollaritsch nicht leisten. Das Land weist rund 800 Neuinfektionen pro eine Million Einwohner in den letzten sieben Tagen auf, in der Schweiz sind es 600. Bei den Intensivbetten sei das Land am Anschlag – es gebe keine Alternative. «Sonst muss man triagieren und Menschen wissentlich sterben lassen.»
Trotz fast so hoher Fallzahlen treffen Schweizer derzeit wohl mehr Leute als während des Lockdown. Laut Daten des AppleMobilitätstrends nahm die Mobilität beim ÖV um 30 Prozent ab, im Lockdown waren es fast 80 Prozent.
Die Schweiz grenzt an Österreich und verzeichnet mindestens so hohe Fallzahlen. Dennoch verzichtet der Bund bisher auf einen Lockdown. Geht es nach Kollaritsch, würde eine 1PersonenRegel auch die Schweiz im Kampf gegen das Coronavirus weiterbringen.
Auch GLPNationalrat Martin Bäumle befürwortet strengere Kontakteinschränkungen für die Schweiz. «Ideal wäre, wenn jeder Haushalt den Kontakt auf nur einen weiteren Haushalt beschränken würde.» Wer es gut ohne Freunde aushalte, solle vier Wochen keine physischen Kontakte pflegen.
Epidemiologisch hält Otto Kölbl, der an Uni Lausanne forscht, die 1PersonenRegel für sinnvoll. In der Praxis rate er aber davon ab. «Solche Regeln bedeuten eine Entmenschlichung.»