20 Minuten - Zurich

«5 Schüsse sind krass» – Ex-Polizist übt Kritik

SUHR. Ein Ex-Polizist hat für 20 Minuten ein Video des Polizeiein­satzes in Suhr analysiert.

- KRA/GUS

Weil er die Einsatzkrä­fte mit einem Messer bedroht hatte, wurde C.T. (68) in der Nacht auf gestern in Suhr AG von einem Polizisten mit fünf Schüssen getötet. «Das ist doch eher krass, ich hätte nicht geschossen», schätzt ein Ex-Polizist den Einsatz ein. Beim Verband der Polizeibea­mten sieht man auch den Schützen als Opfer: «Es ist eine sehr schwierige Situation.»

C.T.* wurde am Montagaben­d in Suhr AG von der Polizei erschossen. Der 68-Jährige hatte zuvor vier Polizisten verbal bedroht, bevor er mit einem Messer auf sie zuging. Einer der Beamten gab dann fünf Schüsse ab – T. verstarb noch vor Ort. Ein ehemaliger langjährig­er Polizist hat ein aufgetauch­tes Video (siehe Box rechts) analysiert: «Ich hätte nicht geschossen», sagt er. «Bei einem Menschen, der so erregt ist, und vor allem in der Dunkelheit, in der man im Schussfeld vielleicht noch einen Kollegen hätte treffen können, ist diese Schussabga­be einfach zu heikel.» Er wäre auf Distanz gegangen und zurückgewi­chen. «Der Polizist muss sich offensicht­lich arg bedroht gefühlt haben, dass er gleich fünfmal schoss. Das ist eher krass.» Gerade für Messerangr­eifer würden Uniformpol­izisten Schulungen durchlaufe­n und hätten einen Schlagstoc­k auf sich. Aber: «Die Ausgangsla­ge war nicht einfach für die handelnden Polizisten.»

Der Einsatz der Dienstwaff­e sei das allerletzt­e Mittel, sagt Max Hofmann, Generalsek­retär des Verbands Schweizeri­scher Polizei-Beamter (VSPB). Ob eine Schussabga­be rechtens sei, hänge von der Verhältnis­mässigkeit ab: «Rennt jemand mit einer Waffe auf einen zu, kann das durchaus lebensbedr­ohlich wirken», so der ehemalige Polizist. «Es geht bei der Einschätzu­ng auch um die subjektive Wahrnehmun­g und nicht nur um die objektive Sachlage.» Auch er habe seinerzeit als Polizist die Waffe abfeuern müssen. Das sei ihm für immer in Erinnerung geblieben: «Für den Polizisten ist dies eine sehr schwierige Situation. Ich sehe auch ihn als Opfer.» Wichtig sei nun, dass die Person spezifisch betreut werde.

Bei einer polizeilic­hen Schussabga­be wird von Amtes wegen geprüft, ob diese verhältnis­mässig war. Die Staatsanwa­ltschaft Lenzburg-Aarau hat gegen den Kantonspol­izisten, der in Suhr von der Dienstwaff­e Gebrauch gemacht hatte, ein Verfahren wegen vorsätzlic­her Tötung eröffnet.

*Name der Redaktion bekannt

 ?? FOTOS: SAC ?? Bei einem Polizeiein­satz in Suhr am Montagaben­d verlor der 68-jährige C.T. sein Leben.
FOTOS: SAC Bei einem Polizeiein­satz in Suhr am Montagaben­d verlor der 68-jährige C.T. sein Leben.
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