Kein Strafverfahren – «Das war ein Fehler der Behörden»
Die Täterin von Lugano war den Behörden bekannt, doch der Bund leitete kein Verfahren ein. Dafür gibts nun Kritik.
Als die 28-jährige Konvertitin 2017 von der Türkei zurückgeschickt wurde, ermittelte das Bundesamt für Polizei Fedpol gegen sie. Die Ergebnisse des Verfahrens gingen an die Bundesanwaltschaft. «Die Ermittlungen konnten keine strafbaren Handlungen aufzeigen. Weil somit kein hinreichender Tatverdacht vorlag, wurde kein Strafverfahren eröffnet», sagt Sprecher David Venetz.
Das kann Mauro Tuena, SVP-Nationalrat und Vizepräsident der Sicherheitspolitischen Kommission, nicht verstehen: «Die Frau wollte unbestrittenermassen nach Syrien reisen. Es gab bei ihr eindeutige jihadistische Anzeichen. Das ist ein klarer Straftatbestand.» Der Ermittlungsbericht sei ja vom obersten Polizeiorgan der Schweiz gekommen. «Wenn ich jetzt sehe, was in Lugano passiert ist, muss ich von einem klaren Fehler der Bundesanwaltschaft sprechen.»
Auch für die Juristin und FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, Vizepräsidentin der Kommission für Rechtsfragen, ist das Vorgehen fragwürdig: «Wenn die Frau nach Syrien in den Jihad reisen wollte und erst an der türkisch-syrischen Grenze gestoppt wurde, erstaunt mich die Begründung der Bundesanwaltschaft sehr, dass kein hinreichender Tatverdacht vorgelegen habe.»
Anders sieht das der Jurist und GLP-Nationalrat Beat Flach: «Ich gehe davon aus, dass die Bundesanwaltschaft das seriös geprüft hat. Und selbst wenn sie ein Strafverfahren eröffnet hätte, hätte das vermutlich nichts gebracht.» Wer glaube, solche Probleme liessen sich mit dem Strafrecht bekämpfen, sei «auf dem Holzweg».