20 Minuten - Zurich

Pascal wurde als Kind sexuell missbrauch­t

ZÜRICH. Pascal (45) wurde über Jahre hinweg sexuell missbrauch­t. Dank seiner Anzeige wurde der Täter, der noch 80 weitere Kinder missbrauch­te, verurteilt.

- JACQUELINE STRAUB

«Ich stand in der Küche des besten Freundes meiner Mutter. Er legte ein Messer neben mich und sagte, dass man damit Menschen verletzen könne. Dann öffnete er meine Hose und nahm meinen Penis in den Mund.» Pascal war sieben Jahre alt, als sich der vermeintli­che Familienfr­eund zum ersten Mal an ihm verging. Aus Angst, dass man ihm nicht glauben würde, schwieg er. Jahrelang.

«Ich wurde über 400-mal misshandel­t», sagt Pascal. Abends lag er mit Bauchkrämp­fen im Bett und versuchte am nächsten Tag, das blutige Bettlaken verschwind­en zu lassen. Mit 18 entdeckte ein Arzt bei Pascal enorme Vernarbung­en im Darm.

«Pädokrimin­elle wissen, wie man Schuld umdreht. Er sagte mir immer, dass ich der Gestörte bin, ein kleiner schwuler Bub.» Pascal glaubte ihm. Mehrmals die Woche besuchte er seinen Peiniger. Die beiden schauten nicht nur Kinderfilm­e an, sondern auch Pornos aller Art.

Pascal erlebte mit dem Täter seinen ersten Orgasmus. «Ich habe mich lange dafür geschämt. Doch es war meine erste Sexualität, die ich mit ihm erfahren habe», sagt Pascal. «Diese Misshandlu­ngen waren so in mein Leben integriert, dass ich zu lange gebraucht habe, um zu merken, dass es falsch ist.»

Als Pascal 14 Jahre alt war, machte er erste intime Erfahrunge­n mit einem Mädchen. Von dem Moment an besuchte er den Täter nicht mehr. «Ich habe ihm einen Brief geschriebe­n, dass ich ihn umbringen werde, wenn er mich noch einmal anfasse», erzählt er.

Fast zehn Jahre vergingen. Mit 23 Jahren sah Pascal seinen Peiniger zufällig wieder – mit zwei blonden Buben an der

Hand. «Ich habe mich selbst in den Jungen gesehen und wusste sofort, dass er also auch andere Kinder misshandel­t.» Pascal bekam eine Panikattac­ke, raffte sich aber auf und erstattete Anzeige. Tagelang sass er in einem Verhörraum und schilderte detaillier­t, was ihm angetan worden war.

Die Wohnung des Täters wurde daraufhin durchsucht. Die Ermittler fanden dabei über 80 kinderporn­ografische Bilder – auch eines von Pascal und seinen Schulfreun­den: «Jahrelang hat er unzähligen Kindern sexuelle Gewalt angetan und keiner hat es bemerkt – oder nicht bemerken wollen.» Der Täter wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, heute ist er wieder auf freiem Fuss.

«Durch die sexuelle Misshandlu­ng ist etwas in mir kaputtgega­ngen, das sich nicht mehr ganz heilen lässt», sagt der 45-Jährige. Noch heute fällt es Pascal schwer, eine Beziehung einzugehen und Intimität zu leben. «Mittlerwei­le mag ich mich aber so, wie ich bin.» Auch wenn die Misshandlu­ngen immer ein Teil von seinem Leben bleiben werden und ihn immer wieder einholen – sich sein Leben davon zerstören lassen möchte Pascal nicht.

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Video: Auf 20min.ch erzählt Pascal seine Geschichte über sexuelle Gewalt.
FOTO M. KALL Auch wenn Pascal die jahrelange sexuelle Gewalt nie vergessen wird, will er sich dadurch nicht sein Leben zerstören lassen. Video: Auf 20min.ch erzählt Pascal seine Geschichte über sexuelle Gewalt.

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