Ständemehr – «DNA» oder auf «Müllhaufen»
BERN. Trotz Mehrheit im Volk wird die KVI nicht umgesetzt. Gescheitert ist sie am Ständemehr, das für eine heisse Debatte sorgt.
Die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) ist am Ständemehr gescheitert. Damit ist die Initiative erst die zehnte von insgesamt 637 Vorlagen, die einzig deswegen abgelehnt wurde. Darum ging schon kurz nach dem Entscheid der Streit los. Juso-Präsidentin Ronja Jansen twitterte: «Das Ständemehr gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.» Die
Juso bestätigten später die Forderung.
Laut einer Umfrage von 20 Minuten und Tamedia von gestern wollen auch über 60 Prozent der Grünen- und SPWähler das Ständemehr abschaffen. Zu 20 Minuten sagte Jansen, dass Minderheitenschutz grundsätzlich etwas Gutes sei. «Die Kantonszugehörigkeit als einziges Argument herauszupicken, ist für mich aber nicht mehr zeitgemäss.» Es gebe zwar Abstimmungen, bei denen es um das
Verhältnis von Stadt und Land gehe, aber die KVI gehöre nicht dazu. Auch Grünen-Nationalrätin Regula Rytz findet, es sei Zeit, eine Reform des Ständemehrs anzupacken.
Für andere Politiker hingegen gibt es am Ständemehr nichts zu rütteln. Das Ständemehr gehöre nach wie vor zur DNA unserer föderalistischen Schweiz, sagt FDP-Ständerat Andrea Caroni. «Es verhindert, dass wenige grosse Kantone viele kleine einfach an die Wand drücken.» Das Ständemehr decke sich zudem zu 95 Prozent mit dem Volksmehr, so der Appenzell Ausserrhoder. Fabio Hasler von der Unabhängigkeitspartei teilt mit, das Ständemehr sei ein Minderheitenschutz und damit ein Grundpfeiler der Schweiz. «Ohne diesen wird die Demokratie zur Diktatur der Mehrheit, eine Abschaffung würde eine enorme Machtverschiebung zu den (linken) Städten bedeuten. Der Stadt-Land-Graben würde die Schweiz zerstören.»