Ständemehr: Urner Stimme ist 35-mal so viel wert wie Zürcher Stimme
ZÜRICH. Das Ständemehr ist nach dem Nein zur KVI unter Beschuss. Denn die Stimme eines Kleinkantons fällt anders ins Gewicht als die eines Grosskantons.
Nach dem Nein zur Konzernverantwortungsinitiative (KVI) diskutiert die Schweiz über das Ständemehr, das es für Änderungen der Verfassung oder auch wichtige Staatsverträge braucht. Während vor allem die Verlierer vom Sonntag sich für eine Aufhebung der Regel einsetzen, ist sie für andere kein alter Zopf. Das Ständemehr verhindere die politische Dominanz der Grosskantone.
Die Bevölkerung ist ungleich verteilt. Jeder Kanton hat eine Standesstimme, pro Halbkanton gibt es eine halbe Standesstimme. Am wenigsten Stimmberechtigte wohnen im Kanton Appenzell Innerrhoden: Rund 12 100 Stimmberechtigte hat der Halbkanton. Im bevölkerungsstärksten Kanton Zürich wohnen rund 950000 Stimmberechtigte. Sie erhalten zusammen eine Standesstimme. Geht es ums Ständemehr, zählt eine Stimme eines Innerrhoders deshalb rund 39-mal so viel wie die eines Zürchers. Klar ist: Das Ständemehr führt dazu, dass Stimmberechtigte aus wenig bevölkerungsreichen Kantonen eine Initiative zum Absturz bringen können – theoretisch würden schon 9 Prozent der Stimmberechtigten reichen. Weil in manchen Kantonen die Bevölkerung viel schneller gewachsen ist als in anderen, hat sich auch die Macht der Stimmberechtigten verändert. Gerade die ländlichen Kantone profitieren davon: Während 1999 eine Urner Stimme 31-mal so viel wert war wie eine Zürcher, so ist sie heute 35-mal so viel wert.
Nach dem KVI-Nein forderten vor allem linke Politiker eine Reform des Ständemehrs. FDP-Ständerat Andrea Caroni konterte, dass das Ständemehr zur DNA der föderalistischen Schweiz gehöre. Wie viel Macht Sie mit Ihrer Stimme haben, sehen Sie auf 20min.ch