Das erwartet Nawalny in der Strafkolonie von Pokrow
MOSKAU. Bestrafung, Bestrafung und nochmals Bestrafung: Das erwartet Nawalny im Straflager.
Alexei Nawalnys Haare dürften bereits kahl geschoren sein: Das ist das Erste, was mit ihm in der Besserungskolonie Nummer 2 mit allgemeinem Regime (IK-2) gemacht wird. Der 44-Jährige ist für zweieinhalb Jahre in das Lager von Pokrow verbannt worden. Auf dem Weg vom Transporter bis zum Eingangsgebäude sei keiner der Neuen geschlagen worden, was erstaune. Zugleich bekundeten Insassen ihren Unmut, dass der KremlKritiker nun da sei, berichtet ein Menschenrechtsaktivist. Gerade prominente politische Häftlinge erschwerten mit ihrer Anwesenheit
oft das Leben der anderen. «Macht jemand etwas falsch – reden ohne Erlaubnis oder nicht geradeaus schauen – verprügeln die Wärter dich und die Mithäftlinge», so ein ehemaliger Verurteilter auf Gulag.net.
Auch der psychische Druck sei von Tag eins an da, so der Oppositionelle Konstantin Kotow. Er sass selbst in der Kolonie. Er weiss, was Nawalny in den nächsten Wochen erwartet: In der Quarantäne habe die Lagerleitung die totale Kontrolle. «Du gehörst dir nicht mehr selbst: Du führst Befehle von Insassen aus, die mit der Leitung kooperieren.» Da von Nawalny Fluchtgefahr ausgehe, wie es in einem Bericht aus der U-Haft heisst, werde ein Wächter ihn alle zwei Stunden aufsuchen. «Bis zum letzten Tag.» Dass andere Häftlinge Nawalnys Leben bedrohen würden, bezweifelt Kotow aber. «Hier wird nichts ohne Befehl von oben unternommen.»
Ein weiterer Kontrollmechanismus
seien die Verweise, die man beim kleinsten Anlass erhalte – bei mehreren drohe Isolationshaft. Vor allem wirkten sich die Verweise auf die Möglichkeit
einer vorzeitigen Entlassung bei guter Führung aus. «Hast du einen Verweis erhalten, kannst du ein Jahr lang keinen Antrag stellen.»