Kehrt Sexualstrafrecht die Beweislast um?
Das Sexualstrafrecht wird revidiert. Der Entwurf für das Gesetz stützt sich auf das «Nein heisst Nein»-Prinzip. Das kritisieren Frauenverbände, da das Opfer erklären müsse, ob und wie deutlich es die sexuelle Handlung abgelehnt hat. Unter anderem fordern sechs Kantone, die SP sowie die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen deshalb, dass stattdessen «Ja heisst Ja» gelten solle. Demnach müssten beide Personen explizit ihre Zustimmung geben. Die SVP befürchtet, dass «Ja heisst Ja» die Unschuldsvermutung gefährde und sich die Beweislast hin zur beschuldigten Person verschiebe. Die Partei warnt vor Falschbeschuldigungen, die es mit dem Gesetz zu verhindern gelte. Auch die Rechtsanwältin Tanja Knodel kritisierte gegenüber SRF die «Ja heisst Ja»-Lösung. Beschuldigte würden damit faktisch zum Gegenbeweis gezwungen. Hinzu komme, dass die Beweislage bei Sexualdelikten oft auf Aussagen beruhe. Somit beurteile man im Strafprozess die Glaubwürdigkeit der Personen.
Im Gegensatz zur Mutterpartei fordern auch die FDP-Frauen eine «Ja heisst Ja»-Lösung. Die Präsidentin der FDP-Frauen, Susanne Vincenz-Stauffacher, sagte dem «Bund»: «Mit dem Ja-Ansatz wird die Selbstbestimmung des Opfers klarer formuliert.» Sie sieht keine Gefahr von Falschverurteilungen. «Es ist weiterhin die Strafverfolgungsbehörde, die beweisen muss, dass der Wille des Opfers übergangen wurde», so Vincenz-Stauffacher.