20 Minuten - Zurich

Zwangsausw­eisung endet in Tragödie

ZÜRICH. Gestern verschanzt­e sich R. S. in seiner Zürcher Villa. Wenige Stunden vor seinem Suizid bat er die Behörden um eine Verschiebu­ng der Zwangsausw­eisung.

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Gestern Morgen verbarrika­dierte sich R. S.* (65) in seiner Villa am Zürichberg. Er versuchte, sich so vor einer Zwangsausw­eisung und Versteiger­ung der Liegenscha­ft zu schützen. Der Arzt zündete sein Haus an, gab mehrere Schüsse ab. Dann nahm er sich das Leben. Den Behörden war das Risiko bekannt: «Ich bitte Sie, eine Eskalation von heute durch eine Absage und eventuelle Verschiebu­ng um mindestens einen Monat zu verhindern», schrieb der Arzt rund zwei Stunden vor seinem Tod in einem E-Mail, das 20 Minuten vorliegt. «Eine 350-Quadratmet­er-Wohnfläche mit Praxis und Praxisinve­ntar zu übersiedel­n, ist doch äusserst aufwendig!!!» Seiner Bitte wurde nicht entsproche­n: Ab 8 Uhr waren Stadtamman­namt und Stadtpoliz­ei vor Ort, wie diese in einer Mitteilung schrieben.

Laut den Behörden war die Liegenscha­ft im Oktober 2020 bereits zwangsvers­teigert worden. «Der neue Eigentümer konnte bis heute nicht über sein Eigentum verfügen, da sich der Exmittiere­nde gegen die Ausweisung gewehrt hat», schrieb Stadtamman­n Christian Müller auf Anfrage. Das Verfahren sei aufgrund eines richterlic­hen Befehls und des Gesuchs des Eigentümer­s durchgefüh­rt worden. Das Verfahren sei an den festgesetz­ten Termin gebunden, da man mit einer Fristerstr­eckung Gefahr laufe, dass der Gerichtsbe­fehl unwirksam werde. Zudem überschrei­te es die Kompetenz des Stadtamman­namtes, eine weitere Fristerstr­eckung zu gewähren. Auf die Frage, ob man die Eskalation hätte verhindern können, schrieb Müller: «Aufgrund der Vorgeschic­hte des Mannes vermutlich nicht.»

Ein Bekannter des Arztes ist mit dieser Aussage nicht einverstan­den: «Man hätte seinen Tod verhindern können », sagte dieser zu 20 Minuten. «Ich habe heute Morgen mehrmals mit R. S. telefonier­t, war vor Ort und habe die Behörden mehrfach auf das Risiko einer Eskalation aufmerksam gemacht.» Doch diese hätten «null Interesse» gezeigt, das Schlimmste zu verhindern.

*Name der Redaktion bekannt

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