20 Minuten - Zurich

Wurden die Thurgauer Wahlen gefälscht?

FRAUENFELD. Wurde die Wahl in den Grossen Rat des Kantons Thurgau manipulier­t? Mit dieser Frage muss sich diese Woche das Bezirksger­icht Frauenfeld befassen.

- JEREMIAS BÜCHEL

Bei den Grossratsw­ahlen im Kanton Thurgau im März 2020 ist es laut Staatsanwa­ltschaft zu Wahlfälsch­ungen gekommen. Dadurch wurde der SVP zu Ungunsten der Grünlibera­len ein Sitz zugesproch­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft Ralph Limoncelli, dem ehemaligen Stadtschre­iber der Stadt Frauenfeld, vor, er habe Wahlzettel vernichtet und durch andere ersetzt. Sie wirft ihm qualifizie­rte Wahlfälsch­ung vor und beantragt eine bedingte Freiheitss­trafe von 15 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie eine Busse von 3000 Franken.

Limoncelli bestreitet die Vorwürfe. Die einzige Erklärung des Beschuldig­ten für die falsch abgelegten Wahlzettel sind die Nummern der Wahllisten. Die GLP-Liste 6 und SVP-Liste 9 könnten verwechsel­t worden sein. «Wenn man eine 6 auf den Kopf stellt, sieht sie aus wie eine 9.» Somit könnte ein 100er-Stapel von Wahlzettel­n auf der falschen Beige abgelegt worden sein.

Die Staatsanwa­ltschaft sieht das anders. «Der 15. März 2020 war ein rabenschwa­rzer Tag für die Demokratie», sagte Generalsta­atsanwalt Stefan Haffter. Der Beschuldig­te habe die Nachzählun­gen in der Woche nach dem Wahlsonnta­g nicht gesetzesko­nform durchgefüh­rt. Zudem habe er später dafür sorgen wollen, dass die Staatskanz­lei keine Strafanzei­ge einreicht. Er habe ausserdem die Gelegenhei­t beim Schopf packen wollen, eine offene Rechnung mit der GLP zu begleichen. Diese sei aus seiner Sicht dafür verantwort­lich, dass er bei den Wahlen 2016 nicht mehr als CVP-Kantonsrat wiedergewä­hlt wurde, weil die Grünlibera­len sein Doppelmand­at als

Kantonsrat und Stadtschre­iber in Frage gestellt hatten.

Der Verteidige­r von Limoncelli betonte, dass es nicht um eine politische Frage gehe, sondern nur darum, ob eine strafrecht­liche relevante Handlung stattgefun­den habe. Dem sei nicht so. Er verlangte einen vollumfäng­lichen Freispruch. Sein Klient habe auf Aufforderu­ng der Staatskanz­lei gehandelt und diese jeweils auch aufgeforde­rt, bei Überprüfun­gen der Wahlzettel beizuwohne­n. Das hätte er wohl nicht gemacht, wenn er etwas manipulier­t hätte. Dem Verteidige­r ist nicht klar, weshalb nur sein Klient als Täter in Frage kommt. «Es waren gut hundert Personen im Wahlbüro.» Die Hauptverha­ndlung wurde gestern Abend geschlosse­n. Das Urteil wird heute Nachmittag mündlich eröffnet.

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Limoncelli bestreitet die Vorwürfe.

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