RS-Virus: Volle Spitäler müssen Kinder abweisen
Die Fallzahlen von Kindern mit schweren Atemwegserkrankungen explodieren. Die Folge sind Bettenengpässe in den Spitälern.
Neben Corona hat die Schweiz noch ein anderes Virusproblem: Bei Kindern explodiert die Zahl der Atemwegserkrankungen. Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) bringt Kinderspitäler an den Anschlag. Bereits müssen kranke Kinder in andere Regionen verlegt werden. Ursache für die Zunahme, so Experten, war wohl die Isolation während der Corona-Pandemie.
Täglich erkranken in der Schweiz Dutzende Babys und Kleinkinder am Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), einer schweren Atemwegserkrankung, die bei Kleinkindern akute Bronchitis mit Komplikationen verursachen kann. Waren es im Februar noch weniger als zehn Fälle pro Woche, sind es im Juli bereits bis zu 115 Fälle pro Woche. Das zeigen Zahlen der Pädiatrischen Infektiologie Gruppe Schweiz. Viele der Kinder müssen ins Spital, einige von ihnen müssen beatmet werden. Eine starke Zunahme gibt es insbesondere in den Kantonen Zürich und Graubünden.
Im Kantonsspital Winterthur hat sich die Anzahl von Kindern mit einer RSV-Infektion von Anfang Juni bis Anfang Juli verdoppelt. Die meisten Kinder sind ein Jahr und jünger. Das Departement für Kinder- und Jugendmedizin sei sehr gut ausgelastet, sagt Sprecherin Meret Ann von Arx. «Wir sind teilweise gezwungen, Kinder aus Platzmangel in andere Kinderkliniken der Region zu verlegen.» Da man auch von anderen Kinderkliniken zeitweise Kinder übernehme, die dort keinen Platz hätten, gehe es anderen Kinderkliniken offensichtlich gleich. «Wenn die Zahlen noch weiter im gleichen Masse steigen, kann eine Überlastung der Bettenkapazität in der ganzen Region nicht ausgeschlossen werden.»
Auch das Kinderspital Zürich ist ausgelastet, bestätigt Christoph Berger, Leiter Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene im Universitäts-Kinderspital Zürich: «Das RS-Virus ist momentan das grössere Problem als Corona.» Grund für den Anstieg sei die Isolation während der Pandemie. Die Kinder konnten keine Immunität aufbauen.
Eine Familie, die anonym bleiben möchte, musste ihr Kind vergangene Woche aufgrund von Atemproblemen notfallmässig in das Kantonsspital Winterthur bringen. Das erst zwei Monate alte Mädchen musste jedoch aus Platzmangel mit dem Rega-Helikopter nach St.Gallen geflogen werden. «Ich war zunächst schockiert, das Kind war aber in sehr guten Händen», sagt der Vater.