«Sie benutzen vor meinem Sohn diskriminierende Worte»
ZÜRICH. Eine Mutter beklagt sich, was alles sich ihr Sohn mit Behinderung anhören muss. Experten ordnen ein.
«Behinderter, Mongo oder Spast – die Verwendung solcher Wörter tut mir weh», sagt S. H.* (62), die einen Sohn mit Down-Syndrom hat. Besonders schlimm für sie sei, dass man diese Wörter überall höre, egal, ob auf dem Pausenplatz oder im Zug. «Viele scheinen sich gar keine Gedanken zu machen, ob sie jemanden damit verletzen könnten. Sie sprechen sogar direkt vor meinem Sohn von einem Mongo», so H. Es sei beschämend zu sehen, wie diese sprachliche Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen gesellschaftlich toleriert werde.
Auch Kniggeexperte Christoph Stokar hält nichts von solchen Schimpfwörtern: «In der modernen Gesellschaft gibt es keinen Platz für Diskriminierung. Man braucht heute ein Gespür dafür, was man sagen kann und was nicht.» Mit welcher Absicht man diese Wörter gebrauche, sei demnach irrelevant: «Es geht nicht darum, ob man selbst ein Wort schlimm findet oder nicht, sondern darum, was es beim Gegenüber auslöst.» Man müsse verstehen, dass gewisse Aussagen andere verletzen könnten und man seinen Wortgebrauch dementsprechend anpassen sollte.
Laut Benjamin Börner von der Fachstelle «Studium und Behinderung» der Universität Zürich ist nicht das Wort an sich das Problem, sondern oftmals die negative Verwendung. «Betroffene werden durch die Gleichsetzung mit etwas vermeintlich Schlechtem abgewertet», erklärt Börner. Er empfiehlt, diese Wörter in einem neutralen oder beschreibenden Zusammenhang zu verwenden: «Wenn man Behinderung nicht einfach als ein alles überstrahlendes Defizit, sondern als eine von vielen Facetten der Persönlichkeit eines Menschen begreift, kann einer Diskriminierung entgegengewirkt werden.»
*Name der Redaktion bekannt