SICHUAN: EIN JAHRTAUSENDEALTER GÖTTERTRANK
In der Provinz Sichuan, auf den Höhen der heiligen Berge von Mengding, pflanzte der taoistische Mönch Wu Lizhen die ersten Sträucher und machte so den Tee im Jahr 53 v. Chr. zur Nutzpflanze. Heute ist das Bildnis vom «Vater des Tees» in der kleinen Stadt Mingshan allgegenwärtig. Hier lebt man im Rhythmus der Ernten, mitten in einem endlosen Ozean aus grünen Teesträuchern.
Der aus diesen Pflanzen gewonnene goldene Heiltrank verwöhnte vor allem die anspruchsvollen Gaumen der chinesischen Kaiser. Der kaiserliche Teegarten, welcher damals der Öffentlichkeit verschlossen blieb, empfängt heute mit Freuden chinesische Touristen. Die Essenz des tausendjährigen Gebräus muss noch in diesen Bergen stecken, der sprudelnden Geschäftigkeit nach zu urteilen, die das Teegewerbe hier im ländlichen China erzeugt. Junge, auf ihre Smartphones fixierte Makler, Opas mit Mao-Kragen und Zigarette im Mundwinkel oder elegante Geschäftsfrauen: Jeder findet im Tee-Business seinen Job.
Einer der beliebtesten Grüntees in China, der Zhu Ye Qing (Green Bamboo) aus Sichuan, erregt besonderes Aufsehen. Seine jungen Knospen in Form von Bohnenschoten zeichnen sich durch ihre subtilen pflanzlichen Noten aus und enthalten einen sehr hohen Anteil an Antioxidantien. Sie sind äusserst selten und werden daher auf dem Weltmarkt teuer gehandelt. In Mingshan strömen die Dorfbewohner mit ihren prall gefüllten Tragekörben auf dem Rücken von allen Seiten herbei, sie drängeln sich, um den Vertretern der Fabriken ihre Tagesernte anzubieten. Zu Frühlingsbeginn, wenn die ersten Knospen des Jahres spriessen, ist die Region ein unumgänglicher Anlaufpunkt für Grosshändler, die aus dem ganzen Land anreisen, um die besten Anbaugebiete ausfindig zu machen.