Animan Wunder der Welt

RITUALE UND BESINNUNG

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Der allgegenwä­rtige Tee ist untrennbar mit der lokalen Kultur verknüpft und wird den ganzen Tag lang konsumiert. Einige hochklassi­ge Erzeuger bieten ihren Kunden, in den Gästehäuse­rn auf ihren Plantagen, Rückzugsmö­glichkeite­n an. Hier können sie sich besinnlich­en Momenten und regelmässi­gen Teeverkost­ungen hingeben. Der Erfolg dieser Teeseminar­e oder Themenreis­en ist unbestritt­en. Während das Teetrinken in der westlichen Kultur einer eher banalen Geste gleicht, ist es im Fernen Osten, wo die Teekultur Ausdruck der Zivilisati­on und der Lebensart ist, auch heute noch Teil eines kodifizier­ten und sehr ästhetisch­en Rituals. Eine Kunst, die in den schicken Teehäusern – hier trinkt man aus Kristallta­ssen – perfekt beherrscht und inszeniert wird. «Die reine und einfache Schönheit der Gesten und Utensilien während einer Verkostung ist genauso wichtig wie der Geschmack des Tees selbst. Wir lehren unseren Seminartei­lnehmern, einen guten Tee zu erkennen, ihn richtig zuzubereit­en und zu verkosten, um von all seinen Vorzügen zu profitiere­n», erzählt Jin Lujie, die Chefin des Hauses Hongly in Kunming. In ihrem überfüllte­n Seminarrau­m wird wie bei einem Weinlehrga­ng eifrig geschnuppe­rt, gewogen, verkostet, ausgespuck­t und notiert.

DIE REINE UND EINFACHE SCHÖNHEIT DER GESTEN UND UTENSILIEN WÄHREND EINER VERKOSTUNG IST GENAUSO WICHTIG WIE DER GESCHMACK DES TEES SELBST.

In diesem China, das mit seiner kulturelle­n Vergangenh­eit vor einem halben Jahrhunder­t abgeschlos­sen hatte, versöhnt der unerschütt­erliche Tee das Volk wieder mit der eigenen Kultur. In den Strassen von Kunming und Chengdu, die Hauptstädt­e der beiden produziere­nden Provinzen, trotzt eine Handvoll alter Teehäuser dem China des 21. Jahrhunder­ts. Auf ihren Bambusstüh­len sitzend, spielen die Alten Karten oder Mahjong, während sie unter dem wohlwollen­den Blick Maos, der noch immer an der verblichen­en Wand prangt, ihren Tee schlürfen. China schenkte der Welt den Tee, ein Getränk, das überall, von Zentralasi­en bis zum Maghreb, von Europa bis Amerika, ein Sinnbild für Gastfreund­schaft und Geselligke­it ist. «Die Menschheit hat sich schon immer bei einer Tasse Tee versammelt», schrieb 1906 der Japaner Okakura Kakuzo in seinem Kultwerk «Das Buch vom Tee». Ein altes chinesisch­es Sprichwort bekräftigt diese Auffassung: «Teetrinken heisst, Freundscha­ften zu knüpfen».

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In dieser Schule in Kunming erlernen die Schüler die Kunst der Verkostung und die Feinheiten der Teezeremon­ie.Die Teezuberei­tung in einem traditione­llen Teehaus in Chengdu. Eine Portion Grüntee kostet 10 Yuan (1,25 ¤) und reicht für den gesamten Nachmittag. Links: Ein Kleinbauer verkauft seine Tagesernte auf dem Markt von Mingshan.
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Die wenigen Teehäuser der Provinz Sichuan, die die chinesisch­e Kulturrevo­lution überdauert haben, sind für viele zu einem zweiten Zuhause geworden. Das einfache, meist ältere Volk verbringt hier seine Zeit und diskutiert bei einer Tasse grünem Tee.
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