Blick

« Da überlegt man zweimal, ob man krank zu Hause zu bleiben kann»

Ein Jahr nach dem CS-Untergang kämpfen die Angestellt­en darum, bei der UBS eine Zukunft zu haben

- SARAH FRATTAROLI

Seit einem Jahr pilgert das CSPersonal jeden Tag brav ins Büro – und weiss nicht, ob nun die Kündigung reinflatte­rt. 3000 Jobs plant die UBS in der Schweiz im Zuge der Bankenfusi­on abzubauen. Wie viele Kündigunge­n schon ausgesproc­hen wurden, ist unklar, doch so viel ist sicher: Der Löwenantei­l des Stellenabb­aus steht noch bevor.

Das nagt am Personal. «Die Leute sind müde», sagt Natalia Ferrara (42), Geschäftsf­ührerin des Schweizeri­schen Bankperson­alverbands (SBPV) im Gespräch mit Blick. Der Verband begleitet die Bankenfusi­on inklusive Stellenabb­au eng. Nicht nur die Unsicherhe­it über eine mögliche Kündigung ist ermüdend. Sondern auch die Organisati­on der Fusion. «Es ist, als ob die Leute drei Jobs auf einmal hätten», sagt Ferrara. Gerade die Führungskr­äfte. «Erstens: das alltäglich­e Geschäft. Zweitens: das Fusionspro­jekt. Und drittens: das Team begleiten, den Leuten zuhören, sie jeden Tag neu motivieren.» Die UBS müsse ihrem Personal Sorge tragen, mahnt Ferrara.

Kein Wunder, schauen sich viele nach anderen Optionen um. Einfach ist das allerdings nicht. «Die Schweizer Finanzbran­che ist wohl einer der einzigen Bereiche in ganz Europa, in dem aktuell kein Arbeitnehm­ermarkt herrscht, sondern ein Überangebo­t an Arbeitskrä­ften besteht», schätzt der auf die Finanzbran­che spezialisi­erte Headhunter Klaus Biermann (48).

Gehen sollte nur, wer bereits einen neuen Job auf sicher hat. Doch selbst dann kann es schwierig werden. Ferrara kennt

Mitarbeite­nde, die eine Jobzusage hatten, bei der CS kündigten – und am neuen Ort die Probezeit nicht überstande­n. «Sie stehen nun ohne Job und ohne Sozialplan da.»

Jene, die geblieben sind, versuchen mit allen Kräften zu beweisen, dass es sie auch in der neuen UBS noch braucht. «Da überlegt man zweimal, ob es drinliegt, in die Ferien zu gehen oder krank zu Hause zu bleiben», sagt Ferrara. Die Angst geht um, dass überflügel­t wird, wer jetzt nicht die Extrameile geht.

Wer heute noch an Bord ist, hat zwar zumeist die Zusage, auch in der fusioniert­en UBS einen Job zu kriegen. Doch wer in der neuen Organisati­on wie viel Macht erhält, wer die neu zusammenge­setzten Teams führt – das ist in den meisten Divisionen noch völlig unklar.

Da überrascht es kaum, dass die Ellbogen ausgefahre­n werden. Viele CS-Angestellt­e sehen sich dabei im Nachteil gegenüber ihren neuen UBS-Kollegen. «Wir werden wie Mitarbeite­r zweiter Klasse behandelt», ist zu hören.

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Natalia Ferrara, Geschäftsf­ührerin des Schweizeri­schen Bankperson­alverbands.

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