Blick

Renato Steffffen verteidigt sein Nati-Aufgebot

- CARLO EMANUELE FREZZA INTERVIEW

Nati-Star Renato Steffen spricht im Blick-Interview über die Nati, seine Saison mit Lugano sowie über seine persönlich­e Zukunft. Zudem verrät er, dass er nur zu gerne mit Xherdan Shaqiri gemeinsam in einem Klub spielen würde.

Renato Steffen, es wurde gemunkelt, Sie würden nach Ihrer Verletzung im Februar diesmal nicht im Nati-Aufgebot stehen. Trotzdem sind Sie dabei. Selber überrascht? Renato Steffen: Nein. Ich habe ja auch ein paar Sachen gelesen, wonach ich zittern müsse. Aber für mich ist es gar nie ein Thema gewesen. Ich weiss, woran ich bei Murat Yakin bin. Wir sind mit unserer Beziehung so weit, dass, wenn er das Gefühl gehabt hätte, er wolle etwas ausprobier­en, er mir das früh mitgeteilt hätte. Sind Sie denn nach Ihrer Verletzung wieder komplett fit? Absolut. Ich bin gut drauf, und man kann mir keine Gründe nennen, weshalb ich nicht dabei sein sollte. Irgendwann wird die Zeit kommen, aber die ist noch nicht da.

Wie geht die Nati nach dem turbulente­n Herbst in das EM-Jahr? Klar, waren es schwierige Spiele. Aber das ist abgehakt. Wenn man sowas wie eine EM vor der Brust hat, muss man mit Freude nach vorne blicken. Das gilt für mich sowieso. Für mich ist es das zweite grosse Turnier, wenn ich dabei sein sollte. Das gibt mir die nötige Motivation, um auch im Verein die Extrameile zu gehen. Statistisc­h gesehen läuft es für Sie mit 13 Assists und 6 Toren in dieser Saison ausgezeich­net. Wie sehen Sie das?

Eigentlich bin ich zufrieden, aber irgendwie auch nicht. Hauptsächl­ich darum, weil die Rückrunde bis zum jetzigen Zeitpunkt etwas mühsam gewesen ist und ich sechs Spiele verpasst habe. Ich will halt zeigen, dass ich noch immer einer der Besten in der Schweiz sein kann. Mit diesem Ziel setze ich mich auch selber unter Druck und bin deshalb gerade etwas angespannt­er als sonst.

Es ist Ihre zweite Saison in Lugano. Vor einem Jahr meinten Sie in einem Interview mit dem «Corriere del Ticino», dass nicht alle in der Kabine Ihre Leaderroll­e akzeptiere­n würden. Wie ist das heute?

Es hat sich verbessert. Mittlerwei­le wissen meine Mitspieler wie ich ticke, dass ich wegen Kleinigkei­ten wütend werden kann und Dinge auf dem Platz oder in der Kabine anders verarbeite. Ich muss immer noch anecken mit der Mannschaft und dem Trainer. Das gehört zu mir, damit ich alles von den anderen und mir herauskitz­eln kann. Die Saison von Lugano war im ersten Halbjahr geprägt von Höhen und Tiefen. Waren die vielen Spiele sowie das Verletzung­spech die Gründe dafür? Viele Spiele können einerseits ganz gut sein. Anderersei­ts war es für viele von uns die erste europäisch­e Kampagne. Wir waren vielleicht nicht so parat, wie wir es hätten sein sollen. Wir haben zwar ein sehr gutes Kader. Aber wenn man auf sechs, sieben Spieler gleichzeit­ig verzichten muss, wird es auch für uns schwer.

Aber wenn man sieht, wie YB wankt und Servette trotz 46 Pflichtspi­elen um den Titel spielt, denkt man sich da nicht, dass Lugano mit etwas mehr Konstanz auch dort oben hätte sein können?

Ja, klar, wenn man zurückscha­ut und sieht, welche Punkte man vergeben hat, dann auf jeden Fall. Wir hätten in Reichweite sein können. Ob es aber gut gewesen wäre, schon jetzt oben anzugreife­n, wäre die andere Frage.

Eine Chance auf einen Titel haben Sie aber immer noch. Im Cup sind Sie im Halbfinal …

… Und diesen Pokal wollen wir ins Tessin holen. Wenn man im Halbfinal ist, kann es nur dieses Ziel geben. Mit Sion wartet zwar ein schwierige­r Gegner. Wenn wir die Eigenfehle­r aus den letzten Spielen abschalten, dann haben wir aber sehr gute Chancen, in den Final einzuziehe­n. Und dann müssen wir «all-in» gehen. Ihr Vertrag im Tessin läuft in gut einem Jahr aus. Planen Sie, in Lugano zu verlängern?

Wir müssen in diesem Sommer zusammensi­tzen. Es gefällt mir hier. Aber es müsste noch einmal einen klaren Plan mit mir geben. Ich habe immer noch Lust auf Fussball und bin ja noch nicht ganz so alt (lacht). Es gibt daher viele Möglichkei­ten: hier verlängern oder noch einmal ein Projekt woanders annehmen. Es folgen spannende Monate. Auch mit der EM am Horizont, die wiederum andere Türen aufstossen kann.

Naheliegen­d wäre mit Chicago als Lugano-Partnerklu­b auch ein baldiges Abenteuer in den USA. Schliessen Sie das aktuell aus? Nein. Es müsste aber passen. Es ist mir schon wichtig, dass ich in meiner aktuellen Phase der Karriere als Leader in einem Klub etwas bewirken kann.

Bei Chicago spielt derzeit noch Ihr Kumpel Xherdan Shaqiri (32). Sein Vertrag läuft dort Ende 2024 aus. Haben Sie sich auch schon ausgemalt, wie es wäre, mit ihm in Lugano zu spielen? Das wäre cool. Ob es machbar ist und er Lust auf eine Rückkehr in die Schweiz hat, weiss ich nicht. Es hätte aber schon einen gewissen Reiz, wenn Sie beide das neue Cornaredo Ende 2025/ Anfang 2026 im Lugano-Dress einweihen?

Das wäre sicher etwas Schönes. Man könnte es vielleicht so als letztes Jahr für beide verpacken. Das müssten wir mal zusammen anschauen (lacht).

Daniel Dos Santos (21) rückt diese Woche mit besonders viel Selbstvert­rauen zur U21-Nati ein. Mit Thun gewann er zuletzt das schwierige Auswärtssp­iel bei Leader Sion und macht das Aufstiegsr­ennen gegen die Walliser wieder ultraspann­end.

Und Dos Santos selber läufts auch. Der offensive Mittelfeld­spieler ist aktueller ChallengeL­eague-Spieler des Jahres, Schweizer U21-Nationalsp­ieler und mit acht Toren auch Topskorer der Berner Oberländer.

Kurz: Dos Santos ist als einer der besten Spieler der Liga ein Verspreche­n für die Zukunft. Logisch, dass das Thuner Eigengewäc­hs mit Wurzeln in Portugal auch das Interesse von Super-League-Klubs weckt.

Doch Ernst machte bisher noch kein Schweizer Klub, obwohl der Vertrag nur noch bis 2025 läuft. Verpennt die Super League das Challenge-LeagueJuwe­l? Nach Blick-Informatio­nen sind mittlerwei­le Klubs aus halb Europa hinter dem U21-Natispiele­r her. Interesse am Doppelbürg­er soll es vor allem aus Portugal geben. Aber auch aus Holland, Deutschlan­d und Belgien.

Absprung aus der Challenge League direkt ins Ausland? Das machte diesen Winter bereits Franck Surdez (21) vor. Der Nati-Kollege von Dos Santos verliess Xamax mit starken 7 Toren und 7 Assists Richtung Gent nach Belgien. Statt in die Super League. Auch wegen des Preisschil­ds – Gent überwies trotz Restvertra­gszeit von eineinhalb Jahren noch 1,3 Millionen an Xamax. Länder wie Belgien, Holland und Portugal sind Märkte, wo sich anschliess­end gern die Topligen bedienen. Weil ein Weiterverk­auf richtig einschenke­n kann, können die Klubs schon beim Einkauf mehr auf den Tisch legen. So schlug Gent sogar bei Surdez mit einem Millionend­eal zu.

Gehts nun im Sommer auch für Dos Santos ins Ausland? Fest steht: Dem klammen FC Thun tut jeder Franken gut. Auch wenn die Ablöse dann doch aus der Super League kommen sollte.

 ?? ?? Renato Steffen (M.) ist nach seiner Verletzung­spause wieder Teil der Nati.
Renato Steffen (M.) ist nach seiner Verletzung­spause wieder Teil der Nati.
 ?? ??
 ?? ?? Thun-Spieler Daniel Dos Santos wird heftig umworben.
Thun-Spieler Daniel Dos Santos wird heftig umworben.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland