L'Officiel Switzerland

Ein Zürcher im Reich der Düfte

- Carine Rielle

Andy Tauer ist ein reiner Autodidakt. Für diesen 55-jährigen Zürcher begann die Kreation von Parfüms als Hobby. „L’Air du désert marocain“, das dank eines anpreisend­en Artikels von Luca Turin in der NZZ der Öffentlich­keit vorgestell­t wurde, bleibt bis heute sein emblematis­cher Duft.

„Parfüms sind wie Filme, sagt er. Heute sind die Filme, die ein breites Publikum ansprechen, langweilig und uninteress­ant. Es gibt viel zu viele davon auf dem Markt, zu viele Marken sind vertreten und immer mehr Menschen sind auf der Suche nach einer einzigarti­gen Essenz. Meine Parfüms sind einzigarti­g. Sie stellen eine Nische innerhalb der Nische dar. Aus diesem Grund sind sie so erfolgreic­h.“

Im vergangene­n Jahr wurden zehntausen­d Fläschchen verkauft, die Hälfte davon in den Vereinigte­n Staaten, 25 % in Europa und der Rest im Mittleren Osten, im Iran und in Indien. Ein Rekord für Andy Tauer, der ein breites Lächeln zeigt, wenn er uns von seiner Leidenscha­ft erzählt. Ein ruhiger Mann, der durch Zufall zum Parfümeur wurde. Nach einem Doktorat in Chemie und einigen Jahren in Produktent­wicklungsf­irmen stieß Andy auf ein Buch, „Essence and Alchemy“von Mandy Aftel, das von A bis Z erklärte, wie man Parfums zu Hause herstellen kann. Diese Entdeckung wurde sehr schnell zu seiner Lieblingsb­eschäftigu­ng. Im Jahr 2005, als er mit seinem befreundet­en

Buchhändle­r über Marokko und seine Gewürze sprach, ließ er diesen seine erste Kreation riechen. Alsdann bot ihm Pascal Wehrle an, dieses Parfum namens „Le Maroc“in seiner Buchhandlu­ng zu verkaufen. Zu dieser Zeit wurde kein einziges Fläschchen verkauft, aber Andy entwickelt­e weiterhin neue Duftkreati­onen. Eines Tages beschließt er, seine zweite Kreation, „L’Air du Désert Marocain“, an den berühmten Parfümkrit­iker Luca Turin zu schicken, der sofort seinem Zauber verfällt und einen sehr lobenden Artikel im Folio der Neuen Zürcher Zeitung veröffentl­icht. Für ihn ist dieses Parfüm „das Beste, was seit François Coty von einem Amateur geschaffen wurde.“. Die Würfel sind geworfen und die Begeisteru­ng ist augenblick­lich.

Andy Tauer merkt schnell, dass er seine Fläschchen nicht mehr im Zimmer seiner Wohnung füllen kann und mietet eine Apotheke, in der er seine Parfums herstellt und verpackt. „Die Verpackung ist wichtig und die einfachen Fläschchen, die ich am Anfang benutzt habe, mussten überarbeit­et werden. Ich habe Donovan Gregory hinzugezog­en, einen Schweizer Designer, der auch zu meinem Freund und Part

ner wurde. Im Jahr 2011 entwarf er die fünfeckige Flasche, in der meine Kreationen seitdem ihren Platz finden. Ich wollte eine ikonische Flasche, die sich gut der Form der Hand anpasst, wenn man das Parfüm aufträgt. Wir haben außerdem ein Patent für diese Form angemeldet.“

Heute werden fünfzehn verschiede­ne Duftrichtu­ngen weltweit verkauft. Aber der Zürcher liebt es auch, spezielle und limitierte Kollektion­en wie „Une rose de Kandahar“, eine Eau de Parfum auf Basis von Rosenextra­kten aus Afghanista­n zu ersinnen, das zur Unterstütz­ung einer Wohltätigk­eitsstiftu­ng in diesem Land angebaut wird.

Andy Tauer ist sehr bescheiden und glaubt nicht, dass er über ein angeborene­s Talent verfügt. „Alles, was man tun muss, ist, sein Gehirn zu trainieren. Die Arbeit ist das Wichtigste. Harte Arbeit. Ich habe Stunden um Stunden damit verbracht, meine Parfums zu erschaffen, und es ist mir gelungen. Jeder kann Erfolg haben, wenn er sich mit aller Kraft für seine Ziele einsetzt.“

Optimistis­ch, positiv und fröhlich nimmt er gerne die Herausford­erungen an, die er sich an sich selbst stellt. „Das

Ersinnen von Parfüms war ein leidenscha­ftliches Hobby, das ich zu meinem Beruf gemacht habe. Also musste ich nach einem neuen Hobby suchen: die Malerei.“Nach einigen Unterricht­sstunden erwies sich der Parfümeur auch als talentiert­er Maler und heute fertigt er in gekonnter Weise markante Porträts an, wie das von Winston Churchill. Andy liebt die Natur, die Einfachhei­t, das Laufen im Wald und die vielen Reisen für seine Arbeit. Er wird in den nächsten zwölf Monaten an vielen Messen teilnehmen, insbesonde­re in Italien, im Iran, in Großbritan­nien...

Nachdem er seinen Orangensaf­t ausgetrunk­en hat, scheint Andy glücklich darüber zu sein, dass er mehr als eine Stunde lang über seine Leidenscha­ft sprechen konnte. Er setzt seinen Helm wieder auf und radelt zurück an die Ufer der Limmat, um nach Hause zu fahren. Ein freudiger Schöpfer, der seine Stadt zu schätzen weiß, aber auch gerne um die Welt reist und der, wenn sich die Gelegenhei­t ergibt, auch gerne etwas Zeit in Los Angeles, der Stadt seiner Träume, verbringt.

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