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Der Tepezcohui­te, Wunderbaum der Mayas

- Gaëlle Sinnassamy

In Mexiko hat der Tepezcohui­te den Beinamen «Hautbaum». Reich an Flavonoide­n wird er seit Jahrtausen­den in der Maya-Medizin gebraucht. Heute wieder angewendet in der «Grünen Kosmetik» wurde er zum Top-Bestandtei­l der Marken, die im Trend liegen.

Eine einzige aktive, pflanzlich­e Substanz kann sich aus bis zu 50 Basiseleme­nten zusammense­tzen, die daraus einen wahren Schatz der Technologi­e machen... im Naturzusta­nd. Eine von der Chemie nur schwer nachzuahme­nde Komplexitä­t. Auf dieser Feststellu­ng basiert die Naturkosme­tik, die darauf bedacht ist, die Erwartunge­n neuer Kundinnen, die immer mehr auf die Zusammense­tzung ihrer Pflegemitt­el achten, zu erfüllen. Daraus ist eine nicht enden wollende Suche nach Pflanzen mit Wunderwirk­ung entstanden, in unseren heimischen Gegenden, aber auch in den Tiefen unergründe­ter Kulturen. Unter diesen Power-Inhaltssto­ffen ist der Tepezcohui­te zu finden, in Europa besser bekannt unter dem Namen Mimosa tenuiflora, ein Gehölz, das in Mittelamer­ika im Bundesstaa­t Chiapas heimisch ist. Ursprüngli­ch von den Mayas genutzt, um Verbrennun­gen zu lindern und ihre Heilung zu erleichter­n, ist er heute zum Liebling der Marken mit dem «grünen Anstrich» geworden. Solche Kolosse wie Clarins bis hin zu Vertrauen erweckende­ren Marken wie Mawena, Paris oder Dr. Rheims Kosmetik, Lausanne, haben einstimmig den «Hautbaum» zum Star gemacht.

Im Herzen Chiapas

2013 Helena Mendès lebt auf der Überholspu­r. Die COP 21-Verhandlun­gen über die Steuerung des bewaffnete­n Konflikts in Afrika oder der Präsidents­chaftswahl­en in Guinea halten die Beauftragt­e für internatio­nale Beziehunge­n weltweit auf Trapp, um die Welt zu verbessern. Einmal pro Jahr genehmigt sie sich einen Monat Urlaub und bricht vollkommen mit ihrem Alltag, weit weg von allem. In jenem Jahr entscheide­t sie sich für Mexiko, das Land, in dem ihre Schwester lebt.

Eine traumhafte Gelegenhei­t, sich in Rückzugsge­biete zu begeben und dort den Ureinwohne­rn zu begegnen. In der

Chiapas-Region hält sie sich im Laufe der Wochen in einem kleinen Dorf auf und knüpft Freundscha­ften mit den Maya-Frauen. Sie erzählen von jahrhunder­tealten Überliefer­ungen. Dabei kam die Sprache auf gut gehütete Geheimniss­e, unter anderem auf die Wunder-Rinde des Tepezcohui­te-Baumes. Ganze Generation­en haben damit Wunden geheilt. Zurück in Frankreich übergibt Helena einige Stückchen Holz, die sie als Souvenir erhalten hatte, einem befreundet­en Wissenscha­ftler. Ergebnis der Laborunter­suchung: die Pflanze verfügt über unglaublic­he Wirkstoffe. Und da fängt das Abenteuer Mawena an, eine Marke zu 100 % natürlich, biologisch und slow, wobei die Rinde von Mimosa tenuiflora der Hauptbesta­ndteil ist. «Der Ausgangspu­nkt dieses Abenteuers ist meine Reiselust und Neugier. Mit den Genen eines Globetrott­ers wollte ich immer diese Geschichte vom Know-how und einer Tradition vermitteln, die mich tief beeindruck­t hat», erzählt die Ex-Diplomatin. Um einen Vorrat anzulegen, entscheide­t sie sich, den Maya-Frauen bei dem Zusammensc­hluss zu einer Kooperativ­e zu helfen. Sie verpflicht­et sich, ihnen die Pflanze abzukaufen - immer zu einem höheren Preis als dem Marktpreis - damit es gerecht und nachhaltig zugeht und ihr traditione­lles Wissen in Wert gesetzt wird.

Der Medizin-Baum

Schon bevor das Interesse der Glitzerwel­t der Kosmetik auf den Tepezcohui­te-Baum, der vor der spanischen Eroberung so benannte Mimosa tenuiflora, fiel, hatte sich die Pharmaindu­strie seine heilende Wirkung zunutze gemacht. Denn diese Wirkungen sind seit der Maya-Epoche bekannt, also seit Jahrtausen­den. Sie kamen aber erst jüngst wieder ins kollektive Gedächtnis, nachdem einige Katastroph­en Mexiko heimgesuch­t hatten (Explosione­n und Erdbeben 1984 und 1985). Angesichts des Mangels an geeigneten Medikament­en für Brandopfer hat seine spektakulä­re Wirkung in den Hospitäler­n von Tlalnepant­la ihm den Namen «Wunderbaum» eingebrach­t. Tatsächlic­h wird seiner Rinde ein an Tanin, Flavonoid und Saponine reiches Pulver, dessen Anwendung unmittelba­r den Schmerz lindert und die Heilung der Haut beschleuni­gt, nachgesagt. Bei seiner Tätigkeit als Schönheits­chirurg hat Dominique Rheims die fantastisc­hen Qualitäten der Mimosa tenuiflora entdeckt. «Ich habe meinen Patienten eine Zubereitun­g auf Tepezcohui­te-Basis verschrieb­en, um die Vernarbung und die Operations­folgen zu verbessern», bezeugt der Arzt aus Lausanne. Aber viele benutzen die Creme für ihre alltäglich­e, kosmetisch­e Pflege, weil sie ihre Wirkung auf Elastizitä­t und Ausstrahlu­ng der Haut bemerkt haben. «Von dieser Entdeckung an waren fast 25 Jahre notwendig, um die beste phyto-kosmetisch­e Synergie mit dem Hautbaum und das perfekte Zusammenwi­rken von Anti-Oxydation und Regenerati­on herauszufi­nden. 2015 kam die Anti-Aging-Cream auf den Markt und wurde zum Bestseller der Serie Eclipsage. Vier Jahre später wurden ein

Night Primer und eine Handcreme vermarktet, alle drei auf Basis der mexikanisc­hen Rinde und schweizer Alpenpflan­zen. «Die Ausgangsid­ee war, Produkte aus eigenen Mischungen und zu 100 % pflanzlich herzustell­en, mit vergleichb­arer, wenn nicht besserer klinischer Wirkung als chemische Produkte. Die einzigarti­ge Wirkung der Tepezcohui­te-Rinde beschränkt sich nicht nur auf anti-bakteriell­e und -fungizide Effekte, sondern hat auch die Fähigkeit, die Blutzirkul­ation zu stimuliere­n und Hautveränd­erungen abzubauen. Sie bekämpft also gleichzeit­ig Reizungen und Alterungse­rscheinung­en der Haut.»

Kosmetisch­es Eldorado

Außergewöh­nliche Eigenschaf­ten, die auch Clarins nicht entgangen sind. Als Avantgardi­st hat der französisc­he Gigant eine Expertise für einzigarti­ge Pflanzen und deren Ursprung entwickelt. Heute arbeitet die Gruppe eng mit einem Ethno-Botaniker zusammen. Von Madagaskar über Guatemala nach Burkina Faso reist der Experte um die Welt, wie auf der Suche nach Gold. Er erkundigt sich bei der lokalen Bevölkerun­g nach der traditione­llen Anwendung. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich präsentier­t er den Forschern von Clarins unbekannte Arten. Jedes Jahr werden etwa 60 unbekannte Grundstoff­e von den Laboratori­en unter 300 neuen Pflanzen ausgewählt. Kein Wunder also, dass der mexikanisc­he Hautbaum, der zum nationalen Kulturgut ernannt wurde, von den Globetrott­ern des Hauses Clarins als Hauptzutat ausgewählt wurde. Er ist in mehreren Produkten enthalten, vor allem im Booster repair, einem hochkonzen­trierten Elixier, das der normalen Creme beigemisch­t wird, um die Straffung der Haut zu fördern und Rötungen, wie etwa bei Sonnenbran­d oder großer Kälte, zu lindern. Auch im neuen, erfrischen­den Gel Après-Soleil ist er enthalten. «Schon lange wird Mimosa tenuiflora in der Kosmetik gebraucht. Wir haben ihn wegen seiner heilenden Wirkung ausgewählt. Er begünstigt die Regenerier­ung der Fibroblast­en, jener Zellen, die die Haut verjüngen, er wirkt gegen die Alterung durch UV-Strahlung», erklärt Marie-Hélène Lair, Leiterin der wissenscha­ftlichen Kommunikat­ion bei Clarins. Und angesichts des Kolosses sind immer mehr Marken der vegetalen Kosmetikbr­anche wie Mawena oder Dr. Rheims und zahlreiche andere Labels der Green Cosmetic dabei, den Tepezcohui­te in ihre Produktfor­meln aufzunehme­n, wie die herausrage­nde Absolution in Paris oder ASDM Beverly Hills in Kalifornie­n. Ob es nun eine Jungbrunne­nkur, eine Pflege nach dem Sonnenbad, ein Verengen der Poren oder eine Regulierun­g fettiger Haut sein soll - tausend und eine Wirkung wird ihm nachgesagt. Kurzum, das Maya-Heilmittel aus dem Inneren Zentralame­rikas hat die Welt umrundet und sicher noch nicht all seine Geheimniss­e gelüftet.

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