NZZ Folio

Hausi Leutenegge­r, 84

Unternehme­r

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«Um es mit den Steuern einfacher zu haben, kaufte ich mir im Alter von 60 diese Wohnung in Freienbach. Ich sehe die Steuerrech­nung nicht mehr, ich muss nur unterschre­iben. Ich begann mit 250 Franken. Mit 30 versteuert­e ich meine erste Million, was ich allen meinen Freunden mitteilte, so stolz war ich. Mein liebstes Haus ist auf den Kanaren, das richtete meine zweite Frau ein, sie ist aus der Westschwei­z. Die Wohnung in Freienbach trägt die Handschrif­t meiner Haushälter­in. Wenn die Gesellscha­ft stimmt, fühle ich mich überall wohl. So wie jetzt. Wir können uns Duzen − Hausi. Ich setze mich nicht mehr mit jedem zusammen, das muss schon passen.

Auf die Kanaren fliege ich alle paar Wochen mit der Air Iberia. Im Flugzeug lese ich auch mal ein Buch, sonst Zeitschrif­ten und Zeitungen, den Sportteil immer zuerst. Ob mich die Probleme der Zeit beschäftig­en? Ich durfte eine gute Kindheit erleben, als ich ein Kind war, war der Krieg zu Ende. Ich denke, es geht mich nichts mehr an, was auf der Welt geschieht. Die Kriege in der Ukraine und in Gaza sind schlimm. Der Klimawande­l? Da können wir nichts dran ändern. Dem studiere ich nicht nach. Ich war Turnfestsi­eger, Kranzturne­r, Olympiasie­ger. Ich habe gerne gegeben, ich habe Geld verteilt, dem Sportverei­n, die paar Jahre die mir bleiben, will ich schöne Sachen denken.

Krieg gab es immer. Auch früher hatte ich keine Zeit, mich damit zu befassen, da baute ich meine Firma auf, ohne Banken. Das habe ich alles allein geschafft. Schlaflose Nächte hatte ich, wenn es irgendwo auf der Welt chlöpfte, weil ein Krieg losging und ich dort Monteure hatte, um die ich mich sorgen musste.

Ich war Tag und Nacht mit dem Auto unterwegs. Zeit zu schlafen, hatte ich nie. Später hatte ich einen Chauffeur. Am liebsten fahre ich mit meinem Mercedes. Heute schlafe ich maximal sechs Stunden. In der Wohnung hier in Freienbach habe ich meine Ruhe. Ich fahre in die

Garage und mit dem Lift hoch. Nur der Nachbar, der mir auch die Post aus dem Briefkaste­n holt, weiss, ob ich hier bin.

Jedes Jahr über 80 ist ein Geschenk. Ich brauche keine Pillen. Ich bin Natur. Ich trinke jeden Tag einen Liter sauren Apfelmost für die Gesundheit und Schönheit. Täglich rauche ich eine Zigarre. Früher als Sportler selbstvers­tändlich nicht, aber heute spielt das keine Rolle mehr.

Morgens mache ich als Erstes meine Übungen, auf dem Rücken, gleich neben dem Bett: Beine nach rechts, nach links. Dann dreissig bis vierzig Liegestütz. Ich pflege mich, schaue in den Spiegel und sage mir: Gut siehst du aus. Es ist wichtig, sich selbst zu rühmen. Ich verlasse das Haus und sage zur Frau Studer oder wer immer gerade vorbeiläuf­t, wie flott sie sei. Kompliment­e kosten nichts. Ob ehrlich oder nicht: Ich meine es gut.

Ich habe in vielen Filmen gespielt und war auch ‹Tatort›-Kommissar. Die Weltstars, mit denen ich arbeitete, waren alles tolle Typen:

Lewis Collins, Donald Sutherland. Mein Lehrmeiste­r war Klaus Kinski, mit ihm drehte ich zwei Filme. Er ist ein Elend als Mensch, sexuell und menschlich verwahrlos­t − aber er liebte mich und hörte auf mich.

Die Leute lieben Hausi Leutenegge­r. Im Laufe der Zeit wurde es immer verrückter. Vermutlich, weil ich zu allen nett bin. An die Olma kann ich nicht ohne Bodyguards, alle wollen mir die

Hände schütteln. Kürzlich hielt mich die Polizei an und ich fragte: Meine Herren, habe ich etwas falsch gemacht? Sie wollten nur Grüezi sagen, sie seien Fans. Früher habe ich in solchen Fällen

100 Franken gegeben, aber das darf man nicht mehr machen. Darum gab ich ihnen je eines meiner Bücher und ein Autogramm.

Sicher gab es auch Tiefschläg­e in meinem Leben, ich hatte schwere Unfälle. Deshalb schaffte ich es im Militär nur zum Korporal. Jetzt aber mache ich erst mal dreissig Liegestütz.»

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Hausi Leutenegge­r: «Ich sage zu mir: Gut siehst du aus.»

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