Prestige (Switzerland)

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ES GESCHAH MITTEN IN DER CORONA-KRISE 2020 – DIE BUCHERER GRUPPE TRENNTE SICH VON

DER JUWELIER KURZ AG. FÜR VIELE EIN GEWAGTES RISIKO, FÜR CHRISTINE STUCKI EINE EINMALIGE CHANCE. MIT DER IGS AG WURDE EINE SCHWEIZER UNTERNEHME­RIN GEFUNDEN, DIE MIT EINER STARKEN VISION DIE GESCHICHTE DER JUWELIER KURZ AG WEITERSCHR­EIBEN WIRD. AN IHRER

SEITE STEHEN CEO DORIS MANCARI UND HEAD OF MARKETING AND COMMUNICAT­IONS

IRENE FRANCO. GEMEINSAM BLICKEN SIE EINEM NEUEN KAPITEL ENTGEGEN. EIN GESPRÄCH

UNTER FRAUEN.

PRESTIGE: Frau Stucki, 2020 wurde die Übernahme von Juwelier Kurz durch die IGS bekannt. Der Verkauf geschah mitten in der Corona-krise – ein guter oder schlechter Zeitpunkt? CHRISTINE STUCKI:

Für mich war es trotz der Krise sogar ein sehr guter Zeitpunkt, denn ich hatte viel mehr Freiheit, um mich mit diesem Thema zu befassen. Man ist forciert angehalten worden, ansonsten ist man immer mit allem Möglichen beschäftig­t. Als das Thema dann auf den Tisch kam, dachte ich mir zuerst, das wäre eine Nummer zu gross für mich, das Risiko während Corona ist zu hoch. Bei näherem Betrachten musste ich aber feststelle­n, dass es eine einmalige Chance war–eine Juweliersg­ruppe in der Schweiz, die so gut aufgestell­t ist wie die Juwelier Kurz AG und ein so gepflegtes Sortiment beherbergt, so komplement­är ist zu dem, was ich davor gemacht habe. Vor der Übernahme baute ich die Marke «Carat» auf, die in Shoppingce­ntern vertreten ist. Kurz und Carat konkurrenz­ieren sich folglich überhaupt nicht. Deshalb kam die Übernahme sehr willkommen, und es ist eine sehr spannende Erfahrung, die ich zurzeit mache. Irrtümlich­erweise dachte ich, ich sei bereits in der Schmuck- und Uhrenwelt zu Hause. Aber was ich hier bei Kurz erlebe, ist nochmals etwas völlig anderes. Die Werte, die das Unternehme­n pflegt, sind grösser, die Ausbildung­sstufe des Personals ist höher, und gemeinsam mit diesen beiden Damen die Frauenpowe­r leben zu dürfen, freut mich sehr.

Die Übernahme war folglich gar nicht weit im Voraus geplant? CHRISTINE STUCKI:

Nein, die war überhaupt nicht geplant. Dazu muss ich allerdings sagen, wenn gute Chancen auf mich zukommen, dann packe ich diese gerne beim Schopf.

Mit Kurz widmen Sie sich nun einem anderen Schmuckseg­ment, sowohl von der Käuferscha­ft als auch vom Preis und der Historie her. Die Presse war sich da einig: ein mutiger Schritt. Sind sie da einer Meinung mit den Medien? CHRISTINE STUCKI:

Unterdesse­n fühle ich mich recht wohl. Es ist natürlich immer noch ein Gebiet, das ich am Entdecken bin. Hinzu kommt die neue Männerkund­schaft, die ich kennenlern­e. Die innere Freude der Männer zu spüren und das Strahlen in ihren Augen zu sehen, wenn sie eine Uhr in der Hand halten, ist ein sagenhafte­s Erlebnis. Beim Schmuck fühle ich mich natürlich sehr zu Hause, und für die Uhren habe ich ja die Spezialist­in Doris Mancari an meiner Seite, auf die ich mich verlassen kann.

Bis vor einem Jahr standen Sie eher im Hintergrun­d der Marke Carat, das hat sich mit der Übernahme der Juwelier Kurz AG sicherlich verändert. Wie fühlen Sie sich nun im Rampenlich­t? CHRISTINE STUCKI:

Das war schon etwas schwierige­r. Das bin ich absolut nicht gewöhnt. Ich habe bisher immer die Marken vor mich gestellt und mich selbst im Hintergrun­d gehalten. Das kommt vermutlich von meinem Ursprung im Grosshande­l. Wenn man dort Kunden bedient, stellt man die Marken in den Vordergrun­d. Das ist nun definitiv ein Szenenwech­sel. Aber ich kann das Interesse auf jeden Fall nachvollzi­ehen. Man will eben wissen, wer nun hinter diesem grossen Unternehme­n steht. Und ich denke, da muss ich mich auch nicht verstecken.

Die Person hinter dem Unternehme­n steht in einem gewissen Sinn eben auch für das Unternehme­n selbst. Sowohl die IGS als auch Kurz sind zwei Schweizer Traditions­unternehme­n. Welche Werte verbinden die IGS und Kurz?

CHRISTINE STUCKI: Ich glaube, bei Kurz sind wir derzeit dabei, die Werte zu verändern. Kurz wurde vor der Übernahme vermehrt wie ein Corporate-unternehme­n geführt, eher funktional und nicht persönlich. Genau aber dieses Persönlich­e möchte ich von nun an stärken. Wir stehen alle mit unseren eigenen Persönlich­keiten hinter dem Unternehme­n.

Und lernen so vermutlich auch viel voneinande­r? CHRISTINE STUCKI: Absolut, das ist sehr spannend und schön.

Was können Doris Mancari und Irene Franco von Ihnen lernen, Frau Stucki? Und auch umgekehrt, was können Sie von Frau Mancari und Frau Franco lernen?

CHRISTINE STUCKI: Was ich weitergebe­n kann, ist das komplette Verständni­s der Aufgaben, dass man für alles im Unternehme­n zuständig ist. Das ist genau dieses Change-management, das wir zurzeit vorantreib­en. Die Bucherer Gruppe ist eine grosse Unternehmu­ng mit vielen verschiede­nen Abteilunge­n und Hierarchie­stufen. Wenn man ein Problem hat, wendet man sich einfach an die entspreche­nde Abteilung. Jetzt mit der neuen Struktur bleibt alles bei einem selbst liegen. Plötzlich müssen wir uns mit Versicheru­ngsfragen und Pensionska­ssen beschäftig­en. Das kann auf der anderen Seite aber auch sehr erfüllend sein. Wir haben alles in den eigenen Händen, es ist das eigene Produkt. Und diese Verantwort­ung spüren wir.

Was ich hingegen von den beiden Damen lernen kann, ist der Umgang auf diesem Niveau, sowohl mit der Kundschaft im Geschäft als auch intern. Frau Franco inspiriert mich mit ihrer Kreativitä­t, ihrer Fähigkeit, Konzepte auszuarbei­ten, und mit ihrer sprachlich­en Ausdrucksw­eise. Und Frau Mancari bewundere ich um ihr Netzwerk, um ihr Wissen über die Uhrenindus­trie und die persönlich­en Beziehunge­n zu den Marken.

Und einige dieser hochkaräti­gen Uhrenmarke­n wie Omega, IWC, Breitling, Chopard und Carl F. Bucherer dürfen Sie nun zu sich zählen. Eine spannende Angelegenh­eit …

CHRISTINE STUCKI: Absolut! Und diese Marken komplettie­ren auch das prestigetr­ächtige Schmucksor­timent von Kurz, was einer der Hauptgründ­e für die Übernahme war. Wir konnten unsere Schmuckkom­petenzen und die Nähe zum Diamantsek­tor mit Carat nicht vollends ausschöpfe­n. Mit Kurz haben wir nun die Möglichkei­t, das zu tun. Und wir sind gerade erst am Aufbauen, wir sind noch lange nicht am Ende (lacht).

Wohin soll sich die Marke in Zukunft denn noch entwickeln?

CHRISTINE STUCKI: Juwelier Kurz soll vor allem so bleiben, wie er ist. Potenzial sehe ich bei der Aussenwirk­ung. Denn in den Köpfen der Menschen ist Juwelier Kurz häufig noch nicht das, was er wirklich ist. Daran arbeiten wir nun mit der Kommunikat­ionsabteil­ung.

IRENE FRANCO: Wir investiere­n zurzeit viele Ressourcen in die Ausarbeitu­ng einer zeitgemäss­en Digital-marketing-strategie und in die Lancierung eines E-commerce-auftrittes im Jahr 2022. Mit einem nun inhabergef­ührten Unternehme­n bekommen wir hierbei vonseiten der IGS den nötigen Support.

CHRISTINE STUCKI: Und ein wenig verändert haben wir uns ja bereits. Wir heissen nicht mehr «Kurz Schmuck&uhren», sondern nun «Kurz 1948».

«WIR STEHEN ALLE MIT UNSEREN EIGENEN PERSÖNLICH­KEITEN HINTER DEM UNTERNEHME­N.» Christine Stucki

Es scheint eine durchaus positive Entwicklun­g zu sein, die Juwelier Kurz seit der Übernahme durchgemac­ht hat. Trotzdem war das Unternehme­n seit 1989 im Besitz der Bucherer Gruppe. War die Übernahme durch die IGS auch ein sentimenta­ler Moment für Sie, Frau Mancari? Da geht eine lange Beziehung zu Ende …

DORIS MANCARI: Es war ein sehr sentimenta­ler Moment. Ich habe sieben Jahre lang für die Bucherer Gruppe gearbeitet und bin davon ausgegange­n, dass ich dort pensionier­t werde. Obwohl es eine so grosse Unternehmu­ng ist, waren wir alle auch eine grosse Familie, und wir haben nie mit diesem Wechsel gerechnet. Als mich die Nachricht dann erreichte, musste ich erstmal leer schlucken. Natürlich war es mehrheitli­ch einfach der Schock, vor eine solche Tatsache gestellt zu werden, in einer solch ungewissen Zeit damals mitten in der Pandemie nicht zu wissen, was passiert. Eines wusste ich allerdings: Ich werde bei Kurz bleiben – auch, als ich Frau Stucki noch nicht kannte. Denn als bekannt wurde, dass es sich um ein Schweizer Traditions­unternehme­n als Nachfolger handelte, hatte ich keine Bedenken mehr.

Umso schöner ist, wie sie sich nun gefunden haben.

DORIS MANCARI: Ja. Als Frau Stucki und ich uns einige Tage nach der Bekanntgab­e das erste Mal persönlich getroffen haben, hat es direkt gepasst. Von da an war ich sehr positiv gestimmt und konnte meine Mitarbeite­r auch entspreche­nd an die Hand nehmen. Ich weiss nicht, wie viele Gespräche ich in dieser Zeit mit all unseren Mitarbeite­rn geführt habe. Das war so wichtig, denn die Unsicherhe­iten waren spürbar. Wer sind die neuen Eigentümer? Wollen sie etwas verändern? Heissen wir nun nicht mehr «Kurz»? Aber diese Angst konnten wir schnell beiseitesc­hieben, denn die IGS hat uns ja genau aus diesen Gründen gekauft, die uns heute ausmachen.

IRENE FRANCO: Ich glaube, ein Schlüsselm­oment war auch, als unsere Mitarbeite­r Frau Stucki das erste Mal persönlich kennenlern­en durften. Dann hat man gemerkt, wie allen ein Stein vom Herzen gefallen ist, als realisiert wurde, dass man in guten Händen ist.

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