Sie küssten sich, dann flogen sie raus
Eine Bar in Baden hat zwei knutschende Frauen vor die Tür gestellt. Laut Staatsanwaltschaft verstiess sie gegen das Diskriminierungsverbot. Der Betreiber wehrt sich.
Was geschah am 31. Januar 2023 im Rail One? An jenem Sonntag betrat ein lesbisches Paar die Bar neben dem Gleis 1 am Bahnhof von Baden AG. Die beiden Frauen setzten sich an einen Tisch und bestellten zwei Bier. Was dann geschah, wurde seither von der Staatsanwaltschaft untersucht – die nun einen Entscheid fällte.
Klar ist: Das Paar wurde nach kurzer Zeit von einer Serviceangestellten aus der Bar geworfen. Laut einem Strafbefehl tat sie das wegen der sexuellen Orientierung des Paares. Damit habe die Angestellte die Diskriminierungsstrafnorm verletzt. Gemäss Staatsanwaltschaft hat sie den beiden erklärt, dass zwei küssende Frauen im Rail One nicht toleriert würden.
Der Inhaber der Bar, Mehmet Korkmaz, streitet das bis heute ab. «Wir behandeln alle Kundinnen und Kunden gleich», sagt er. «Das lesbische Paar lügt.» Die beiden seien nicht aufgrund ihrer Homosexualität aus der Bar geworfen worden, sondern weil sie «unanständig und laut waren». Anfangs behauptete Korkmaz zudem, die beiden hätten «Be- wegungen gemacht, fast wie beim Sex» – Aufnahmen einer Überwachungskamera widerlegen das.
Die Staatsanwaltschaft gab dem Paar nun recht und verurteilte die Serviceangestellte. Diese hat allerdings Einsprache eingelegt, weshalb der Fall nun vor Gericht kommt. Ein Strafverfahren gegen Inhaber Korkmaz stellten die Ermittler ein, weil er selbst an jenem Januarsonntag nicht vor Ort war.
Die LGBTQCommunity freut sich über den Entscheid der Justiz. Roman Heggli, Geschäftsleiter von
Pink Cross, dem Dachverband schwuler und bisexueller Männer: «Wie dieser Fall leider zeigt, erfahren Lesben, Bisexuelle und Schwule in der Schweiz noch immer Diskriminierung.» Umso wichtiger sei es, dass das Gesetz in so einem Fall greift.
Bei einer Abstimmung im Jahr 2020 nahm die Schweizer Bevölkerung die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm auf die sexuelle Orientierung an. Seither schützt der Paragraf auch Personen, die aufgrund ihrer Homo-, Hetero- oder Bisexualität diskriminiert werden.
Nadja Herz, Co-Präsidentin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), hat das Paar rechtlich vertreten. Die Rechtsanwältin sagt: «Das Urteil setzt ein wichtiges Zeichen für den Schutz einer nach wie vor verletzlichen Minderheit.»