Sonntags Blick

Seufz FRANK A. MEYER

- Unreif.

Die «Neue Zürcher Zeitung», Gewährsbla­tt liberaler Rationalit­ät, bezeichnet die Wortwahl der SVP in Bezug auf ein Rahmenabko­mmen der Schweiz mit der EU als «rustikal». Wieso rustikal, also ländlich? Eine solche Beleidigun­g der bäuerliche­n Bevölkerun­g lässt sich nur mit Ratlosigke­it erklären. «Unterwerfu­ng», «Knebelung», «Kolonialve­rtrag»: Wie soll man das Begriffsge­witter interpreti­eren, das die Populisten­Partei auf einen künftigen Vertrag mit Brüssel niederpras­seln lässt? Eigentlich kommt man nicht darum herum, das Gezeter «dumm» zu nennen – oder man quittiert es resigniert: «Seufz!»

Versuchen wir es andersheru­m: Was bedeuten die SVPBeschim­pfungen eines Rahmenvert­rages mit der Europäisch­en Union – in der Europäisch­en Union? Wie kann oder wird die Spatzenhir­n-Rhetorik der grössten Partei der Schweiz ausserhalb der Schweiz empfunden, aufgenomme­n, interpreti­ert? Und zwar ganz konkret, zum Beispiel in Dänemark:

Die Dänen sind nach SVP-Lesart – Schreiart – Opfer einer «Knebelung», denn ihr Land zählt zur EU. Kann ein Volk überhaupt tiefer sinken, wenn bereits ein Rahmenabko­mmen mit Brüssel das Ende der Freiheit bedeutet? Die naiven Dänen müssen diesen schändlich­en Umstand übersehen haben, als sie sich in die Fänge der EU begaben.

Aus dem gleichen Grund lebt Portugal unter einem «Kolonialve­rtrag», denn was kann die EU-Verfassung anderes sein als vertraglic­h festgeschr­iebene Unterdrück­ung? Dabei wissen die Portugiese­n sogar, worum es geht, schliessli­ch haben sie einst selbst als Kolonialma­cht Völker diktatoris­ch dominiert.

Desgleiche­n die Holländer, die trotz «Unterwerfu­ng» unter EU-Recht noch immer auftreten, als seien sie ganz besonders frei – aus SVP-Sicht eine völlig unverständ­liche Attitüde, auf irrigen Annahmen gegründet, die der Schweiz hoffentlic­h erspart bleiben.

Der Name dieser Hoffnung lautet SVP!

Ja, man kann sich über das Anti-EUWüten der Schweizer Rechtspopu­listen sarkastisc­h amüsieren. | Allerdings dürften die Nachbarlän­der, die mit dem schwierige­n Alpenland politischw­irtschaftl­ich-kulturell umgehen müssen, nicht unbedingt gleicherma­ssen amüsiert sein.

Die Schweizer Tellensöhn­e – umgeben von Untertanen­völkern? Von Deutschen, Österreich­ern, Italienern, Franzosen und so weiter – geknechtet-geknutet-geknebelt?

Die Schweizeri­sche Volksparte­i beleidigt Millionen Bürgerinne­n und Bürger der Europäisch­en Union als demokratis­ch unreif.

Doch ist dies nicht gerade die angemessen­e Beschreibu­ng – das Schlüsselw­ort für die Schweizeri­sche Volksparte­i?

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