«Das Judentum steht zwischen allen Fronten»
Zeichen gegen Völkermord, Antisemitismus und Rassismus und für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit setzen will. Das EDA schreibt: «Der Erinnerungsort soll zudem den Austausch und die Debatte fördern und über die Landesgrenzen hinaus eine Wirkung entfalten.»
Stadtpräsident von Graffenried (Grüne Freie Liste) sagt zu SonntagsBlick:
Umso mehr, weil es praktisch keine Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr gebe. «Die Gräueltaten der Nazis drohen in Vergessenheit zu geraten.» Laut von Graffenried wolle man damit zudem ein Zeichen «gegen die Bedrohung durch den wieder entflammten Faschismus» setzen, wie er heute nicht zuletzt in Putins Russland zu beobachten sei.
«Die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes sind tief im kollektiven Bewusstsein der jüdischen Menschen auch hier in der Schweiz verankert», schreibt er. Die nächsten Generationen sollten mit dem Memorial «zum kritischen Nachdenken über Vorurteile und Ausgrenzung befähigt werden».
Dabei soll auch die Mitverantwortung der Schweiz für das grösste Verbrechen der Menschheitsgeschichte nicht ausgeklammert werden.
Im Konzept der Initiantinnen und Initianten heisst es dazu: «Zur Erinnerung an diejenigen Frauen, Männer und Kinder, denen die Schweizer Behörden während des Zweiten Weltkriegs die Rettung verweigerten.»
«Die Schweizer KZ-Häftlinge, vergessene Opfer des Dritten Reichs.» Darin schreiben die Autoren Balz Spörri, René Staubli und SonntagsBlick-Journalist Benno Tuchschmid: «Die Schweiz hätte Dutzende Leben retten können, wenn sie sich mutiger und mit mehr Nachdruck eingesetzt hätte.» z
Bislang war der Referenzpunkt für diesen Dialog die Aufarbeitung des Holocausts. Der Angriff vom 7. Oktober zeigt, wie verletzlich Israel ist und wie salonfähig neue Formen des Antisemitismus sind. Ein neuer Fokus kommt hinzu.
In der Woche des Osterfestes hatte der Judenhass lange Zeit seinen Höhepunkt. Die Pogrome im Mittelalter gingen oft von der Karwoche aus. Judas, der Verräter, wurde zum Feindbild, nach dem Motto: «So sind alle Juden.» Nach dem Holocaust haben die Kirchen diese Sicht korrigiert. Wir bekennen uns klar zu unseren jüdischen Wurzeln: Jesus war Jude. Und er wurde unter Pontius Pilatus gekreuzigt, wie es im Glaubensbekenntnis heisst – auf Befehl eines Römers also.
Hier zeigt sich die Dimension des Konflikts. Das Judentum steht zwischen allen Fronten. Früher stritt Europa um die «Judenfrage» und Hitler versuchte eine «Endlösung». Heute wird das Existenzrecht Israels auf globaler Ebene in tragischer Weise wieder infrage gestellt.
Eine solche Sprache mag ich nicht. Israel ist ein jüdischer Staat, die meisten Einwohner sind Juden und haben gerade Purim gefeiert – und nicht Ostern. Purim erzählt die Geschichte der Königin Ester, die einen Völkermord verhindert. Damit deuten Juden zu Recht ihre Geschichte. Die Christen (in Israel und Palästina leben rund 230000 Christen; Red.) aber sollen und dürfen ihr Leiden vom Karfreitag her verstehen. Die Botschaft der Hoffnung lautet: Mit Christus kann der Teufelskreis von Gewalt und Hass durchbrochen werden. Durch seine Wunden können unsere Wunden heilen.
Für Papst Franziskus steht das Humanitäre an erster Stelle. Es geht darum, Menschen in Not zu retten – unabhängig von der Volkszugehörigkeit. Er leidet mit den israelischen Geiseln ebenso wie mit den palästinensischen Opfern.