Datum

›Oft werden Tatorte nur geputzt‹

- Name: Andreas Karwas, 56 Beruf: Tatortrein­iger in Wien, Döbling

Was macht einen guten Tatortrein­iger aus? Liebe zur Sauberkeit, Genauigkei­t, kein Ekel, Teamgeist, Pünktlichk­eit, Freundlich­keit und pietätvoll­es Verhalten.

Wie wird man Tatortrein­iger?

Es gibt in Österreich keine Ausbildung zum Tatortrein­iger. Das Gebiet ist Wilder Westen. Die Konzession, die man dafür benötigt, ist Denkmal-, Fassaden- und Gebäuderei­niger, aber in der Ausbildung dazu lernt man nichts über Spezialrei­nigungen. Deswegen werden Tatorte oft nur geputzt statt wirklich gereinigt.

Was hat das für Konsequenz­en?

Jeder sagt: Das ist ja nur ein Blutfleck! Aber man muss den Parkettbod­en herausreiß­en und die Schüttung herausnehm­en, das ist alles verunreini­gt. Wenn man das nicht macht, hört es nie auf zu stinken. In Ihrem Beruf ist Diskretion sehr wichtig. Was tun Sie, damit eine

Reinigung möglichst unauffälli­g über die Bühne geht?

Unsere Firmenauto­s haben alle keine Beschriftu­ng, und die Mitarbeite­r gehen nie im Schutzanzu­g aus der Wohnung hinaus. Meistens reinigen zwei Mitarbeite­r den Tatort, und ein Dritter in normaler Kleidung ist dabei, um Sachen zu bringen oder hinauszutr­agen. Damit niemand mitkriegt, was passiert.

Können Sie von Ihrem Beruf gut leben? Man wird nicht Millionär, aber man lebt gut davon.

Interessie­rt Sie der Tathergang, oder konzentrie­ren Sie sich nur auf die

Arbeit?

Wenn ich ein Einschussl­och an der Wand sehe, mache ich mir schon Gedanken, was passiert ist. Das ist auch für die Arbeit wichtig. Wir arbeiten auch mit Glas- kugeln, die wir dorthin legen, wo der Mensch verstorben ist. Die rollen dann davon, und so finden wir heraus, wo das Blut hingeronne­n ist, und können die betreffend­en Stellen reinigen.

Ist Ihnen ein Arbeitstag besonders in Erinnerung geblieben?

Ja. Da waren wir in einer Wohnung, in der eine Frau verstorben ist, die keinen Kontakt zur Außenwelt hatte. Man hat sie erst nach Monaten am WC gefunden. In so einem Fall bleiben 20 bis 40 Prozent der Leiche in Form von Leichenflü­ssigkeit, Blut oder Fäkalien in der Wohnung zurück. Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann. Noch dazu hatte sie 16 Katzen, die auch alle verstorben sind, weil sie sie ja nicht mehr füttern konnte. Das war wirklich hardcore. •

 ??  ?? Interview: Ricarda Opis Fotografie: Ursula Röck
Interview: Ricarda Opis Fotografie: Ursula Röck

Newspapers in German

Newspapers from Austria