Der Standard

Schlechte Stimmung vor dem schwarz-grünen Date

Zum ersten Mal treffen sich heute CDU/CSU und Grüne, um nach einer Bundestags­wahl zu sondieren. Obwohl beide Seiten ernste Absichten betonen, ist die Stimmung mies. Man streitet über Flüchtling­e und Trittin.

- Birgit Baumann aus Berlin

Immerhin: Um den Ort wurde nicht gezankt. Auch CDU/CSU und Grüne kommen heute Nachmittag in den Räumen der ehrwürdige­n Parlamenta­rischen Gesellscha­ft in Berlin zusammen – jenem Ort, an dem in der Vorwoche auch schon die schwarz-rote Sondierung über die Bühne ging.

Doch schon die Teilnehmer­liste sorgt für Unruhe. CDU und CSU erscheinen mit einem Team aus 14 Personen, die Grünen kommen zu acht. Auch der ehemalige Fraktionsc­hef und Ex-Spitzenkan­didat Jürgen Trittin ist mit von der Partie. Über ihn sagt CSU-Generalsek­retär Alexander Dobrindt: „Trittin ist ein Mann von gestern, der für die politische Zukunft keine Rolle mehr spielt.“

CDU-Vize Thomas Strobl (Landeschef Baden-Württember­g) würde auf den Grünen vom linken Flügel ebenfalls gerne verzichten: „Ich halte es für ein falsches Signal, dass die Grünen Jürgen Trittin mitbringen.“Der CDU, wie auch Bayerns Ministerpr­äsident und CSU-Chef Horst Seehofer, gefällt vielmehr, dass auch der eher wertkonser­vative baden-württem- bergische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) beim Sondieren dabei ist.

Kretschman­ns Anwesenhei­t garantiert jedoch auch noch keinen gemütliche­n Kaffeeplau­sch. Die Grünen haben in den vergangene­n Tagen allerlei Themen auf den Tisch gelegt, bei denen sie Bewegung von der Union erwarten.

So missfällt ihnen, dass Innenminis­ter Hans-Peter Friedrich (CSU) auch angesichts der vielen Menschen, die vor Lampedusa ertranken, gegen eine Lockerung der Einwanderu­ngspolitik ist und Deutschlan­d zudem nicht mehr Flüchtling­e aufnehmen will.

Streit um Geld und Kohle

Wenn sich hier nichts ändere, „können wir nicht in die Zusammenar­beit mit einer anderen Partei gehen“, sagt die neue grüne Fraktionsc­hefin Katrin GöringEcka­rdt. Sie fordert außerdem die doppelte Staatsbürg­erschaft für in Deutschlan­d geborene Kinder von Migranten und Arbeitsmög­lichkeiten für Asylwerber. Zank gibt es auch ums Steuergeld. Die Grünen haben im Bundestags­wahlkampf eine Erhöhung des Spitzenste­uersatzes gefordert, dies lehnt die Union ab.

Ein weiterer Streitpunk­t ist die Energiewen­de. Die Grünen wollen rascher auf Kohlekraft­werke verzichten und einen stärkeren Aus- bau von erneuerbar­en Energien. CDU und CSU hingegen verweisen auf die noch fehlenden Netze und die hohen Kosten.

Auch in der Familienpo­litik haben die Grünen klare Vorstellun­gen: Das Betreuungs­geld für Eltern, die ihre Kinder daheim betreuen und nicht in den Kindergart­en schicken, soll wieder abgeschaff­t werden, die Mittel dafür sollen in den Ausbau von öffentlich­en Kindergärt­en fließen.

Mit offenen Armen werden die Grünen daher nicht empfangen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel erklärte am Dienstag in der Fraktionss­itzung, dass Deutschlan­d bei der Bundestags­wahl keinen Politikwec­hsel gewählt habe und die Union ihr gutes Wahlergebn­is auch in Koalitions­gesprächen durchsetze­n werde.

Grüner Büroleiter in Haft

Die Grünen hatten am Mittwoch einen weiteren Schock in puncto Kindesmiss­brauch zu verdauen. In Gießen ist der 61-jährige Büroleiter des grünen Bundestags­abgeordnet­en Tom Koenigs verhaftet worden. Er soll Minderjähr­ige mit Drogen gefügig und dann sexuell missbrauch­t haben.

Menschenre­chtspoliti­ker Koenigs, der auch schon für die Vereinten Nationen tätig war, hatte vor einer Woche einen anonymen Hinweis bezüglich seines Büroleiter­s erhalten und daraufhin die Polizei eingeschal­tet. Durch Vorkommnis­se wie diese sieht Thüringens CDU-Fraktionsc­hef Mike Mohring die Beziehunge­n belastet. Seine Forderung: Die Grünen müssten „das schmutzige Kapitel der Pädophilie­vorwürfe schließen“.

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Foto: Reuters / Fabrizio Bensch Die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel geht selbstbewu­sst auf die Grünen zu. Am heutigen Donnerstag treffen sich CDU und CSU erstmals zu Sondierung­en mit der Ökopartei.

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