Höchstrichter-Urteil feuert Protest in Sofia an
Umstrittener Geschäftsmann Peewski erhält sein Abgeordnetenmandat zurück
Sofia/Istanbul – Er ist wieder zurück im Geschäft, was bei Deljan Peewski, Bulgariens derzeit umstrittenstem Abgeordneten, aber heißt: Er ist selten im Plenum zu sehen. 90 Prozent der Sitzungen hat der Geschäftsmann in der vergangenen Legislaturperiode ausgelassen.
Das kann sich Peewski nun nicht mehr leisten. Seine Partei, die Bewegung der Rechte und Freiheiten (DPS), regiert mit in Sofia und hält gemeinsam mit den Sozialisten genau die Hälfte der Sitze. „Ich habe ihn gebeten, zur Arbeit zu kommen“, sagte Parteichef Ljutwi Mestan am Mittwoch – aber er selbst sei ja nun kein „Feldwebel“.
Peewski hatte am Dienstag mit einer knappen Entscheidung des Höchstgerichts sein Abgeordnetenmandat zurückerhalten und damit die Straßenproteste gegen die Regierung nur befeuert. Sechs Demonstranten nahm die Polizei am späten Dienstag fest, nachdem Steine geflogen waren und Regierungsgegner versucht hatten, den Autokonvoi von Premier Plamen Orescharski zu blockieren.
Ungeklärte Ernennung
Seit dem 14. Juni dauern die Proteste nun ohne Unterbrechung an. Peewski war der Auslöser. Seine Ernennung zum Geheimdienstchef an jenem Tag brachte mehr als 10.000 Menschen auf die Straßen der bulgarischen Hauptstadt. Der 33-Jährige gab noch am folgenden Tag seinen Rücktritt vom neuen Amt bekannt. Das Abgeordnetenmandat ruhte bis zum Urteil des Verfassungsgerichts.
Peewski gilt den Demonstranten als Inbegriff der mafiösen Strukturen in Bulgarien. Seine Mutter steuert nominell die größte Mediengruppe des Landes. Wer die Entscheidung traf, Peewski vom Parlament zum Geheimdienstchef ernennen zu lassen, ist bis heute ungeklärt. Expremier Boiko Borissow und seine Rechtspartei versuchen derweil, die Koalition zu zermürben: Sie erscheinen wieder im Plenum, tragen sich aber nicht ein. Damit wird das Parlament beschlussunfähig, sobald ein Mitglied der Regierungsparteien oder der sie unterstützenden rechtsextremen Ataka fehlt.