Rückenwind für Linke, Aufwind für Milliardärsliste
Prag – Zwei Wochen vor der Parlamentswahl am 25. und 26. Oktober herrscht Wechselstimmung in Tschechien. Doch nicht das gegenwärtige Kabinett muss mit einer herben Niederlage rechnen, sondern die ehemalige Mitterechts-Koalition des Bürgerdemokraten Petr Nečas (ODS). Nach einschneidenden Sparmaßnahmen und Reformen in der Sozialpolitik hatte die Regierung Nečas viel Unterstützung verloren, die Korruptions- und Bespitzelungsaffäre, die im Juni zu ihrem Rücktritt führte, kostete zusätzlich Sympathien.
Das derzeitige Regierungsteam von Premier Jiří Rusnok hingegen, das vom linksgerichteten Präsidenten Miloš Zeman eingesetzt wurde und nie das Vertrauen des Parlaments erhalten hat, war von Anfang an als Übergangskabinett konzipiert. Die Linke kann also nach wie vor auf eine gehörige Portion Oppositionsrhetorik zurückgreifen. Die Rechnung scheint aufzugehen. In den Umfragen führen souverän die Sozialdemokraten (ČSSD) vor den Kommunisten (KSČM). Mit der Partei der Bürgerrechte (SPOZ) um Präsident Zeman könnte noch eine dritte Linkspartei ins Parlament einziehen (siehe Interview).
Die Überraschung des bisherigen Wahlkampfs ist die Bewegung ANO („Aktion von unzufriedenen Bürgern“) des Milliardärs Andrej Babiš. Der zweitreichste Tscheche setzt auf Veranstaltungen schon einmal einen Arbeiterhelm auf und propagiert Investitionen in die Infrastruktur sowie mehr Kontrolle politischer Entscheidungsträger. Vergleiche mit Frank Stronach mögen sich aufdrängen, mit 59 Jahren ist Babiš jedoch deutlich jünger. Momentan kämpft er mit der rechtsliberalen Partei Top 09 von Karl Schwarzenberg um Platz drei. Nečas’ ODS könnte damit sogar auf den fünften Platz abrutschen. (schub)