Das Geldexperiment und das Chaos
Lukrative Zwangsräumungen in Spanien Die Ökonomin Janet Yellen hat mit vielen Traditionen in der US-Notenbank gebrochen. Kommunikation statt Geheimniskrämerei ist für die mögliche neue Chefin ein wichtiges Werkzeug der Geldpolitik. Doch das heißt, dass
Washington/Wien – „Nichts erklären, für nichts entschuldigen“. Nach diesem Mantra hat die USNotenbank Federal Reserve gearbeitet, als Janet Yellen dort 1977 als Ökonomin angefangen hat. Diese harte Einschätzung der geldpolitischen Geheimniskrämerei kommt nicht von irgendeinem Ökonom, das sagte Yellen selbst bei einer Rede in diesem Jahr. Als sie in der US-Notenbank anfing, wurden die wichtigen Zinsentscheidungen nicht einmal öffentlich gemacht. Doch die amtierende Vizechefin und – geht es nach US-Präsident Barack Obama – künftige Chefin der Fed war eine treibende Kraft bei der Öffnung der Kommunikation der US-Notenbank: „Sie bildet die Speerspitze für die Transparenz“, sagt Paul Dales, US-Ökonom bei Capital Economics dem Standard.
Denn statt „nichts erklären, für nichts entschuldigen“bekommen Interessierte heute viele Informationen aus Washington. Die Fed hat 2011 erstmals in ihrer fast 100jährigen Geschichte eine Pressekonferenz zu ihren zinspolitischen Beschlüssen abgehalten. Zudem veröffentlichen die USNotenbanker auch ihre eigenen Schätzungen zu Inflation, Arbeitslosigkeit und Wachstum. Damit sich die Ökonomen in den Banken, Fondsgesellschaften sowie Ministerien auch ein Bild davon machen können, wie die mächtige US-Notenbank aktuell die Wirtschaftslage beurteilt.
Trotzdem hat die US-Notenbank aktuell ein Kommunikationsproblem. Die vorsichtigen Andeutungen der Fed, 2014 die milliardenschweren Stützungskäufe an den Anleihemärkten einzustellen, wenn die Wirtschaftslage es zulässt, hat weltweit zu Verwerfungen geführt. Bereits das Nachdenken in Washington über einen Ausstieg als der ultralockeren Geldpolitik hat die Finanzmärkte in den Schwellenländern erschüttert. „Yellen muss das Kommunikationschaos lösen“, betont Dales. Denn während FedChef Ben Bernanke noch vor wenigen Monaten betonte, dass die Anleihekäufe bei einer Arbeitslosigkeit von sieben Prozent eingestellt werden, ruderten die Notenbanker zuletzt zurück.
Statt sich einfach nur auf die Arbeitslosigkeit zu konzentrieren, müsse die Notenbank noch anderen Indikatoren zum Arbeitsmarkt berücksichtigen, heißt es nun aus der Fed. „Die ultralockere Geldpolitik ist und bleibt ein Experiment. Und bei dieser experimentellen Geldpolitik kann es immer wieder zu Fehlern kommen“, sagt Dales. Dabei könnte Yellen als Architektin der lockeren Geldpolitik und der Anleihekäufe aber besser kommunizieren als andere Kollegen, ist der Ökonom sicher.
Er erwartet, dass sich Yellen mehr Sorge um die Arbeitslosigkeit macht als andere im Zinsausschuss der Fed. Daher dürfte die Zinspolitik länger locker bleiben. Diese Einschätzung wird offenbar auch an den Finanzmärkten geteilt. Die US-Medienberichte zur Nominierung von Yellen durch Obama wurden mit Gewinnen an den Aktienmärkten quittiert.
Regeln statt Reden
Laut John Taylor, Professor und Ökonom an der Stanford University, hat Yellen aber wesentlich größere Herausforderung vor sich. Yellen müsse sich dabei durchsetzen, wieder Regeln bei der Zinspolitik in der Notenbank Fed zu folgen. Eine solche Regel ist etwa die „Taylor-Rule“, benannt nach dem US-Volkswirt. Sie gibt an, wie hoch die Zinsen angesichts des Wachstums und der Teuerung sein sollten. Das lasse den Zentralbankern zwar weniger Handlungsspielraum, verhindere aber auch Fehler der Notenbank, die später Krisen auslösen: „Je früher die Fed wieder auf eine regelbasierte Politik einschwenkt, desto früher wird die Wirtschaft sich erholen“, ist Taylor überzeugt. Tatsächlich hat sich auch Yellen für Regeln starkgemacht. „Die dringend benötigte Kurskorrektur wird aber schwierig sein“, meint Taylor. Yellen wird daher weiter viel erklären müssen.