Der Standard

„Bin glühender Föderalist“

Gemeindebu­nd-Chef über Finanzen der Bürgermeis­ter

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Wien – Drei Viertel der österreich­ischen Gemeinden bilanziere­n mit Gewinnen oder ausgeglich­en. Ein Viertel steckt in der Verlustzon­e. Die Maastricht-Kriterien erfüllten sie zwei Jahre in Folge, 2012 mit Überschüss­en von 480 Millionen Euro, rechnet Helmut Mödlhammer vor. Ihr Schuldenst­and habe sich zwar seit 2009 um 17 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro erhöht, in Wien seien die Schulden aber zugleich um 188 Prozent gestiegen. „Damit sieht die Geschichte schon wieder ganz anders aus.“

Das Bild der veralteten Strukturen und schlecht wirtschaft­enden Bürgermeis­ter lässt der Präsident des Gemeindebu­nds nicht gelten. Eine stabile Kraft seien sie und reagierten flexibel auf die Krise, sagte er gestern, Dienstag, im Klub der Wirtschaft­spublizist­en. Dass sich für heuer wieder ein „leichtes Minus“anbahne, was die Maastricht­Ziele betreffe, schrecke ihn nicht. Im zweiten Halbjahr sei in der Regel ohnehin Sparen angesagt. Den Gesamtschu­ldenstand beziffert er mit 11,4 Milliarden. Ausgelager­te Verbindlic­hkeiten gehören seiner Meinung nach zurück ins Budget.

Aus Finanzaffa­iren wie in Linz habe man gelernt. „Es gab Kompromiss­lösungen mit Banken, seit 2009 haben die Gemeinden hier nicht mehr daneben gegriffen.“

Die Kommunen haben ihre Investitio­nen seit 2009 von zwei auf 1,6 Milliarden Euro zurückgefa­hren. Zu 80 Prozent profitiert­en davon aber Klein- und Mittelbetr­iebe aus der Region. 70.000 Euro sicherten im Schnitt eineinhalb Arbeitsplä­tze. Gemeinden müsse daher wirtschaft­licher Spielraum erhalten bleiben, so Mödlhammer.

Höhere Ausgaben sieht er lediglich dort, worauf sie selbst keine Einflussmö­glichkeite­n hätten, im Sozial- und Gesundheit­sbereich etwa. Der „Sündenfall“Bahnübergä­nge, deren Sanierung Gemeinden „völlig überforder­e“, sei nun nach einer Klage Sache der Justiz.

„Ich bin glühender Föderalist“, sagt Mödlhammer, räumt aber ein, dass es Negativbei­spiele gebe und Vereinfach­ung brauche. Was Reformen betrifft, sei man verhandlun­gsbereit und gebe etwa im Abtausch mit der Kinderbetr­euung gern die Gesundheit­sagenden ab. Im Streit um die Gemeindezu­sammenlegu­ng versteht er die Rebellion manch Bürgermeis­ter, vor allem wenn über Menschen drübergefa­hren werde. „Legt man einen faulen Apfel zu zwei gesunden, wird der faule nicht gesund.“(vk)

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