„Spannendes“soziales Orientierungsjahr
Seit das Freiwilligengesetz 2012 in Kraft trat, erlebt das freiwillige soziale Jahr einen regelrechten Boom in Österreich. Vor allem junge Frauen, die später im Sozialbereich arbeiten wollen, sammeln hier Erfahrungen.
Rund 500 junge Menschen haben in Österreich im Vorjahr ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) geleistet. Sie arbeiten zehn oder elf Monate in Sozialeinrichtungen mit Flüchtlingen, Obdachlosen, Kindern, alten oder behinderten Menschen.
Es könnten viel mehr sein. „Wir hatten im Vorjahr einen enormen Zuwachs“, sagt Harald Fartacek, Geschäftsführer des Vereins zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste, der das FSJ als Trägerverein seit 1968 abwickelt, „auch heuer hat- ten wir ein Drittel mehr Anfragen als Plätze“.
Grund für den Boom ist das neue Freiwilligengesetz, das es seit 2012 gibt. Eine der wichtigsten Neuerungen: Die 17- bis 24-Jährigen können neben 220 Euro Taschengeld auch Familienbeihilfe beziehen.
In Deutschland ist das FSJ schon seit den 1960ern so geregelt, dass man das Pendant zur österreichischen Familienbeihilfe – das Kindergeld – beziehen kann.
Dass es in Österreich so lange dauerte, liege auch daran, „dass die Gewerkschaften das genau angeschaut haben“, erklärt Far- tacek dem Standard, „denn man sah die Gefahr der Legalisierung prekärer Arbeitsplätze“. In der Sozialversicherung wurde nun eine eigene Beitragsgruppe geschaffen.
Wer absolviert ein freiwilliges soziales Jahr? „Zu 80 Prozent Frauen“, weiß Fartacek, „denn die meisten Männer, die Erfahrung in sozialen Berufen suchen, tun das beim Zivildienst“.
Zeit sinnvoll nutzen
Es sei ideal für Leute Anfang 20, die sich orientieren wollen, betont Fartacek. Regelmäßig aufkommende politische Forderungen nach einem „Zwangsdienst“für Arbeitslose lehne er „völlig ab“.
Viele Freiwillige überbrücken die Zeit bis zu einer Ausbildung im Sozialbereich. So war das auch bei Alena Schaller. Nachdem es mit der Aufnahme bei der Fachhochschule für soziale Arbeit im ersten Anlauf nicht klappte, suchte die 22Jährige „etwas, das sinnvoll ist und mir Spaß macht“.
Sie war zehn Monate in einem Haus für sozial betreutes Wohnen in Liesing, in dem 65 von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen leben. Mit vier Seminaren wurde sie vom Verein „gut vorbereitet“, sagt Schaller.
Zu ihren Aufgaben zählten neben Unterstützung bei Amtswegen auch einfach „helfen im Haushalt, reden und spielen“. Sie mochte ihre „Klienten und Kollegen sehr gerne“.
Schaller beendete ihren Freiwilligendienst kürzlich und studiert seit diesem Herbst an der FH für soziale Arbeit. Die gemachte Erfahrung möchte sie nicht missen: „Es ist sicher für jeden sehr spannend, da einmal reinzuschauen, egal, was man später macht.“