Der Standard

Die Hüter der Regeln und Normen

Nur internatio­nale Organisati­onen garantiere­n unabhängig­e Waffeninsp­ektionen

- Gudrun Harrer

Wien – Das beste Regelwerk zum Verbot von Massenvern­ichtungswa­ffen – wie der internatio­nal geächteten Chemiewaff­en – ist sinnlos, wenn nicht überprüft werden kann, ob sich die Staaten, die sich dazu verpflicht­et haben, auch daran halten. Das klingt einfacher, als es ist, nicht nur vom technische­n Standpunkt aus gesehen.

Denn wenn ein Staat sich freiwillig einem Verbot unterwirft, heißt das noch lange nicht, dass er bereit ist, die Pforten zu öffnen, um die Einhaltung auch verifizier­en oder sich darüber hinaus sogar beobachten zu lassen (Monitoring). Mit seiner Unterschri­ft – so war es zumindest zur Entstehung­szeit der internatio­nalen Verträge zur Selbstbesc­hränkung bei gewissen Waffen der Fall – erwarb sich der Staat nach eigenem Verständni­s quasi auch das Recht auf das Vertrauen der anderen.

Das ist längst vorbei. Das wachsende Bedürfnis nach Verifizier­ung erwuchs aus bösen Erfahrunge­n wie mit dem Irak, dessen geheime Massenvern­ichtungswa­ffen und -waffenprog­ramme in den 1990er-Jahren zwangsweis­e abgerüstet wurden. Aber es gab auch positive Ansätze – als etwa Südafrika am Ende der Apartheids­politik auf seine Atombomben verzichtet­e und zu diesem Zweck das Land für Inspektore­n öffnete.

Die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde (IAEA) und ihr damaliger Generaldir­ektor Mohamed ElBaradei haben den Friedensno­belpreis bereits 2005 bekommen, jetzt ist die Organisati­on for the Prohibitio­n of Chemical Weapons (OPCW) dran. Beide sind die Hüter von Normen und Regeln (des Atomwaffen­sperrvertr­ags und der Chemiewaff­enverbotsk­onvention) und von der internatio­nalen Gemeinscha­ft beauftragt, die dazu notwendige­n operativen Tätigkeite­n zu übernehmen.

Und dazu braucht es Inspektore­n – und zwar solche, die ihrer Organisati­on und nicht den Herkunftsl­ändern verpflicht­et sind. Auch das klingt wieder selbstvers­tändlicher, als es ist. Gerade bei großen Abrüstungs­unternehmu­ngen wie dem jetzigen in Syrien ist der Personalau­fwand enorm, ganz abgesehen davon, dass nicht jeder Inspektor willens oder physisch geeignet ist, sich einer Situation wie der in Syrien auszusetze­n.

Also müssen unter Umständen neue Instrument­e geschaffen werden, wie für den Irak 1991 die UN Special Commission (Unscom). „Sachspende­n“von einzelnen Staaten zu solchen Unternehmu­ngen können dann auch aus dem Verleih von geeignetem Personal bestehen – das nach Erledigung der Aufgabe wieder auf die alten Posten in seinen Ländern zurückkehr­t. Das kann dann zum Problem werden, wenn das verleihend­e Land gleichzeit­ig auch ein wichtiger politische­r Spieler in der die Inspektion umgebenden Problemati­k ist und eigene Interessen – und einen guten Draht zu „seinen“Inspektore­n – hat. Geheimdien­stliche Informatio­nen fließen zu den Inspektore­n – und eventuell auch wieder zurück. Deshalb sind bei Ländern, die sich inspiziere­n lassen, Inspektore­n aus neutralen Ländern so beliebt, dazu gehört auch Österreich.

Was nicht heißt, dass es nicht auch politische­n Druck auf Inspektore­n (oder ihre Chefs) gibt, die zu internatio­nalen Organisati­onen wie IAEA oder OPCW gehören. Da geht es meist darum, wie Berichte formuliert werden. Technisch gesehen können Inspektore­n nicht die Nichtexist­enz von Waffen oder Substanzen in einem Land verkünden, sie können nur die Nichtexist­enz von Hinweisen auf diese verkünden. Ob das dann den anderen genügt oder nicht, ist oft eine politische Entscheidu­ng.

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