Grüne sehen kaum Chancen für Koalition mit Merkel
Trotz zweiter Sondierungsrunde überwiegt Skepsis – Regierungsbildung könnte sich noch lange hinziehen
„Es war eine positive Gesprächsatmosphäre, die sehr sachlich orientiert war.“So lobte Winfried Kretschmann, Grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, am Freitag die erste Sondierungsrunde von Grünen und CDU/CSU, die am Donnerstagabend mit einer Vertagung zu Ende gegangen war. „Das ist das Maximale, was ich Ihnen erzähle“, fügte er dann noch hinzu.
Andere hingegen wurden deutlicher. „Die Skepsis ist sehr, sehr groß angesichts der Unterschiede, die es gibt“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. Man merke „natür- lich schon, dass es ein sehr weiter Weg ist.“So wolle die Union bei der Bewältigung der Energiewende zunächst an der Kohlekraft festhalten. Doch Özdemir meint: „Da haben wir wenig Verhandlungsspielraum.“
Auch die neue Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt erklärte, sie könne sich nicht vorstellen, dass beide Seiten für vier Jahre eine gemeinsame Koalition bilden sollten. Dennoch wollen Union und Grüne noch einmal am Dienstag miteinander sondieren.
Zuvor jedoch, am Montag, kommen CDU/CSU und SPD noch einmal zusammen. In Berlin rechnet man eher damit, dass bei dieser zweiten Sondierungsrunde dann schon die Eckdaten für die Koalitionsgespräche festgelegt werden sollen. Dafür spricht auch ein „Geheimtreffen“, das am Freitag im Kanzleramt stattfand und das ohnehin gar nicht geheim war.
Rot-schwarze Spitzenrunde
Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hatte die Chefs der CSU (Horst Seehofer) und der SPD (Sigmar Gabriel) zum Treffen gebeten, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Ende nächster Woche soll klar sein, mit wem Merkel dann tatsächlich Koalitionsgespräche führen wird.
Selbst wenn das fix ist, wird es noch einige Zeit bis zu einer Koalition dauern. Bei der SPD müsste ein Konvent den Auftrag geben, das könnte am 20. Oktober sein. Generalsekretärin Andrea Nahles hat bereits angedeutet, dass die Verhandlungen bis Jänner dauern könnten.
Ab 22. Oktober, wenn der Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommt, ist die jetzige Regierung nur noch geschäftsführend im Amt. Sie kann aber jederzeit zusammentreten und Beschlüsse fassen. Laut einer Umfrage für den ARD-Deutschlandtrend wünschen sich zwei Drittel der Deutschen mittlerweile eine große Koalition. +++ NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke ist im Alter von 100 Jahren im Hausarrest in Rom gestorben. Priebke spielte 1944 bei dem Massaker an 335 Zivilisten in den Ardeatinischen Höhlen in Rom eine zentrale Rolle und tötete selbst zwei Geiseln. Er wurde 1998 zu lebenslanger Haft verurteilt. +++ Blitzbesuch US-Außenminister John Kerry ist am Freitag zu einem unangekündigten Besuch in Kabul eingetroffen, um mit Präsident Hamid Karsai über die Zeit nach dem Nato-Truppenabzug zu reden.