Essen aus dem Netz um 70 Millionen Euro
Ausprobiert wird gerne, Stammkunden hat der Lebensmittelhandel beim Onlinekauf nahezu keine. Der Bedarf wächst, an Hürden fehlt es nicht, zeigt eine neue Studie. Je Einkauf werden im Schnitt 80 Euro ausgegeben.
Wien – Es ist vor allem die Neugier, die beim Kauf von Lebensmitteln ins Internet lockt. Den wenigsten Händlern in Österreich, Deutschland und der Schweiz ist es bisher gelungen, Probekäufer langfristig als treue Onlinekunden an sich zu binden. Und 70 bis 82 Prozent der Konsumenten im deutschsprachigen Raum haben überhaupt noch nie Lebensmittel im Web bestellt. Das geht aus einer Studie des Beraters A.T. Kearney hervor, die am Montag veröffentlicht wird. 2900 Konsumenten wurden befragt.
In Österreich wiegt der OnlineMarkt für Lebensmittel demnach rund 70 Millionen Euro. Zum Vergleich: Insgesamt werden dafür im Einzelhandel jährlich fast 18 Milliarden Euro ausgegeben, errechnete der Marktforscher Nielsen.
An gesunden Wachstumsraten fehlt es freilich nicht. Bei 13 Prozent lagen sie zwischen 2006 und 2011. Seither und für die nächsten drei Jahre zeichnen sich laut A.T. Kearney Umsatzsteigerungen von jährlich sieben Prozent ab. Die Österreicher lassen sich dabei im Schnitt einen Onlineeinkauf rund 80 Euro kosten. Beim Weg in den stationären Supermarkt geben sie durchschnittlich je 13 Euro aus.
18 Prozent der Befragten haben sich ihre Lebensmittel zumindest einmal via Mausklick besorgt. Nur vier Prozent machten sich das bisher aber zur Gewohnheit. Immerhin mehr als die Hälfte dieser Kunden ist bereit, fürs Nachhauseliefern bis zu fünf Euro zu bezahlen. So gut wie kein Verständnis für Mehrkosten gibt es, wenn die bestellte Ware selbst abgeholt wird.
Hürden machen die Studienautoren von A.T. Kearney viele aus. Die größte ist, dass die Österreicher mit bestehenden Supermärkten eigentlich durchaus zufrieden sind. Was die jüngste Umfrage des Meinungsforschers OGM belegt. Preisabsprachen und Kritik an Arbeitsbedingungen prallen an Konsumenten offenbar ab: Alle Drogerie- und Lebensmittelkonzerne genießen hohes Kundenvertrauen. Am besten schneidet DM und am schlechtesten Zielpunkt ab. Letzterer hat den Verlust 2012 auf 31 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Das Eigenkapital war mit 31 Mio. negativ, die Sanierung läuft.
Die Lust auf Webeinkäufe verleidet zudem die fehlende Fühlbarkeit der Lebensmittel wie die damit verbundene unsichere Qualität. Dass eine Weitergabe eigener Daten im Internet möglicherweise riskant ist, hält kaum jemanden ab. Nur wenig vermisst werden auch persönliche Kontakte.
In Österreich engagiert sich Rewe stark im Online-Vertrieb. Ausgehend von Wien, soll das Netz an Hauszustellungen in drei Jahren auf alle Landeshauptstädte ausgedehnt werden, was vor allem die Logistik herausfordert. Der Internetriese Amazon will mit frischen Lebensmitteln 2014 weltweit in 20 Ballungszentren wachsen.
Aus Sicht von A.T. Kearney lassen sich die nach wie vor hohen Barrieren etwa über kulante Rückgabemöglichkeiten beseitigen. So wünschen 63 Prozent der Kunden, die Waren bei der Lieferung kontrollieren und auch ablehnen zu dürfen. 67 Prozent wollen umfangreiche Angaben über Herkunft und Nährwerte. Das Internet biete dafür die ideale Plattform.