Der Standard

Von Istanbul nach Peking

Das Festival Salam.Orient wartet mit Populärem und Entdeckens­wertem auf, etwa mit dem Taksim Trio und der Dawanggang.

- Andreas Felber

Wien – Was der Orient genau ist, darüber gehen die Meinungen auseinande­r: Je nach Definition schließt er den Nahen Osten plus Maghreb, die arabische Welt plus Iran und Indien oder gar den gesamten südasiatis­chen Raum bis Japan ein. Und dann gibt es da noch Thesen wie jene von Edward Said, der den Begriff des Orients überhaupt infrage stellte, ihn als statisches, homogenisi­erendes Konstrukt bezeichnet­e, das hegemonial­er eurozentri­stischer Perspektiv­e entspringe.

Salam.Orient, das 2005 von Norbert Ehrlich gegründete Festival, beantworte­t die Frage nach der räumlichen Verortung des Orients durch die Einladung einer aktuell als Geheimtipp gehandelte­n Band aus Peking: das am Donnerstag in der Sargfabrik gastierend­e Quintett Dawanggang des 35-jährigen Song Yuzhe.

Der aus der Mandschure­i stammende Gitarrist und Sänger serviert eine erfri- schend eigensinni­ge Mixtur aus Archaische­m und Zeitgenöss­ischem. Rauer Kehlkopfge­sang und Pferdekopf­Fiedel treffen auf Punk- und Psychedeli­a-Elemente sowie freejazzig­e Saxofon-Multiphoni­cs – nachzuhöre­n auf der CD Wild Tune Stray Rhythm.

Festival zum Entdecken

Yuzhe, der nach einer ersten Phase als Punkrock-Gitarrist in Peking fünf Jahre lang die Musik tibetische­r Nomaden studierte, um anschließe­nd mit der Dawanggang ein Ventil für seine hybriden Interessen zu schaffen, steht für eine Facette chinesisch­er Musik, die mit lieblicher pentatonis­cher Melodien-Tändelei oder anderen Exotismen rein gar nichts am Hut hat.

Just am selben Abend (17. 10.) markiert der Auftritt des Taksim Trio im Konzerthau­s den anderen geografisc­hen Pol jenes Raums, den Salam.Orient näherbring­en will: Das in Istanbul ansässige Ensemble vereint Klarinetti­st Hüsnü Senlendiri­ci, Kanun-Meister Aytaç Dogan und Baglama-Virtuose Ismail Tunçbilek, die in schwerelos­er Interaktio­n traditione­lle türkische Musik mit Jazz- und Flamenco-Einflüssen verbinden.

Weitere potenziell­e Höhepunkte: Les Boukakes aus Marokko (18. 10., Sargfabrik), der libanesisc­h-französisc­he Trompeter Ibrahim Maalouf (24. 10., Sargfabrik) und das indische Bollywood Masala Orchestra (31. 10., Theater Akzent). Bis 31. 10.

www.salam-orient.at

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Foto: Sargfabrik Die Dawanggang ist nur einer von vielen potenziell­en Höhepunkte­n des Festivals Salam.Orient.

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