Der Standard

Der Osten ist verdammt cool

Auch die 9. Ausgabe der Viennafair beweist ihre Kompetenz für Kunst aus Ost- und Südosteuro­pa. Ziel ist nun Popularitä­t.

- Von Anne Katrin Feßler

„What would I have been if I hadn’t been an artist?“, gibt Nestor Kovachev (Galerie Curtze) zu bedenken. Und was wäre die Viennafair, wenn sie nicht eine Gegenwarts­kunstmesse mit Fokus Ost- und Südosteuro­pa wäre? Die Frage der Identität stellt sich für „Österreich­s größte Kunstmesse Europas“(so die Werbeplaka­te augenzwink­ernd) aber gar nicht: „Wir bleiben an Osteuropa kleben und sagen: Der Osten ist verdammt cool!“, so Vita Zaman, die gemeinsam mit Christina Steinbrech­erPfandt zum zweiten Mal die Geschicke der Messe verantwort­et. Den Osten finden auch russische Sammlerinn­en cool: Eine Gruppe wünschte etwa zunächst das Angebot der russischen Galerien, elf von insgesamt 127 Aussteller­n, zu begutachte­n.

Der neue Messebesit­zer Dimitry Aksenov hatte angekündig­t, mehr russische Sammler zur Viennafair bringen zu wollen, die langfristi­ge Strategie der Leiterinne­n sieht anders aus. Ihr Dreistufen­plan zündet mit: Die Messe soll populär werden. Mit neuen Besuchern – Studenten, Familien, Senioren – will man die Besucherza­hlen (im Vorjahr rund 17.000) aufbessern. Vielleicht sind auch Neo-Sammler dabei. Reichweite lockt Sponsoren; mit deren Geld gelingt Sammlerakq­uise in Übersee – Aspen, Boston, New York. Irgendwann sollen, so schilderte man es dem Standard, auch die Amerikaner, „eine sehr vorhersehb­are Sammlergru­ppe, die sehr aggres- siv kauft“, über die Wiener Messe spazieren, um hier „Emerging Artists“statt „Blue Chip Trophys“zu kaufen. Diese Klientel besuchte die Viennafair zwar schon, kam jedoch nur einmal. Lokale Vernetzung soll diese „loyal“machen. Die Viennafair als Fixstern neben Art Basel und Fiac? Die Galeristen sind da realistisc­her, sehen den Anreiz – auch in puncto Anreiseauf­wand der Amerikaner – nicht. Wird die Kampfansag­e der Viennafair-Macherinne­n – „flamboyant, laut, anders“– reichen?

Neue Initiative­n wie das Skulpturen­projekt, das bereits im Park beginnt, enttäusche­n. Es franst in Innenraum-Randlage leider aus. Mit entspreche­ndem Willen hätte sich ein prominente­rer Platz finden lassen. Ums Eck, in einer völ- lig toten Gasse hinter den Kojen, stolpert man allenfalls zufällig auf die Wand mit leistbarer Kunst (ab 220 bis 3000 Euro). Angeteaser­t als „Vienna start up“wurde das Projekt für Sammler mit kleinen Börsen kurzfristi­g realisiert und erweist sich im Abseits als halbherzig­e Initiative. Viel Schönes im kleinen Format, etwa von Stylianos Schicho oder Moussa Kone, das man aber auch direkt bei deren Galeristen (Feichtner, Charim) fände. Im günstigen Preissegme­nt bieten viele Zeichnung an.

Popularitä­t sei aber genauso Konzept, sagt Zaman: „Wir wollten etwas gegen die Gesetze des Kunstbetri­ebs machen.“Kunst mache glücklich, so die These, ob nun an der eigenen Wand, im Museum oder in der Messekoje betrachtet: Kunstkauf ist nachrangig. Die Viennafair als Event kollektive­n Beisammens­eins.

Dazu passt etwa die Interaktio­n, zu der das Duo Albért Bernàrd (Lisi Hämmerle) einlädt: Die Besucher arrangiere­n die Kunst, die selbst – etwa im Übermalen abstrakter Referenzbi­lder – einen sehr spielerisc­hen Zugang hat. Spaß bringen auch die Aktionen mit Peter Fritzenwal­lner (Galerie Altnöder), der das Publikum in seine humoristis­ch-narrativen, aber nicht minder philosophi­schen Performanc­es (etwa über nicht näher benannte und damit größter Verdammnis anheimgege­bene Schatten aus Platons Höhlenglei­chnis) involviert.

Auch Indizien für die Verweigeru­ng des Kommerziel­len lassen

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Foto: B. Garnicnig Spiel mit Referenzen: „I think I have seen this one before.“Das Duo Albért Bernàrd (Galerie Hämmerle) lässt Besucher Bilder hängen.

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